ONLINE EDUCA BERLIN

Verschlechtert Big Data die Bildung?

Berlin, Dezember 2014 - Die Erhebung, Weitergabe und Analyse von Massendaten betrifft jeden, der moderne Technologien nutzt. Aber wie beeinflusst dies die Art und Weise, wie wir uns Wissen aneignen? Stimmt es, dass Daten einen vor allem schädlichen Einfluss auf Bildung haben? Lassen wir noch genügend Raum für Kreativität, Vorstellungskraft und die Erfahrung des Lehrenden? Im Rahmen der ONLINE EDUCA BERLIN diskutierte eine Expertenrunde eben diese Fragen. An der OEB 2014 nahmen über 2.000 Teilnehmer aus 99 Ländern teil.

Zur Diskussion stand die provokative Aussage: "Big Data verschlechtert die Bildung!" Dieser Ansicht widersprachen der renommierte Big-Data-Experte Prof. Viktor Mayer-Schönberger und Dr. George Siemens, Mitinitiator des "Massive Open Online Course" (MOOC). Mayer-Schönberger, Autor und Professor für Internet Governance and Regulation beim Oxford Internet Institute, meinte: "Wir müssen uns Daten nutzbar machen, gleichzeitig aber darauf achten, dass wir ihrer Herr bleiben. Wir müssen Raum für das Menschliche schaffen – für unsere Irrationalität, unsere Kreativität, unsere Vorstellungskraft, damit es weiterhin möglich ist, Entscheidungen zu treffen, die uns nicht durch die verfügbaren Daten diktiert werden."

Argumentativ stand ihm Dr. George Siemens bei, Leiter des Forschungslabors für Innovation in der Bildung und vernetztes Wissen an der Universität von Texas in Arlington. Im Zentrum seiner Forschung stehen Technologie, Netzwerke, Analytik und Offenheit im Bildungsbereich, bekannter ist er jedoch wahrscheinlich als Mitgründer des allerersten MOOCs, den er zusammen mit Stephen Downes ins Leben gerufen hat, der ebenfalls eine programmatische Rede auf der OEB 2014 hielt. Außerdem ist Siemens Gründungsmitglied der Society for Learning Analytics Research, die Funktion und Auswirkungen der Analytik im Bereich Wissensvermittlung und -erwerb, Schulung und Entwicklung untersucht.

Für die Pro-Seite sprachen Dr. Ellen Wagner und Inge de Waard. Für Wagner ist der Begriff "Daten" bereits zu einer Art Mem geworden. "Dieses Daten-Mem kann letztlich für so ziemlich alles stehen, vom Verlust der Privatsphäre über die Erstellung von Nutzerprofilen und Verdrängungspraktiken bis zu Personalisierung, Studienerfolg und der Effizienz von Institutionen."

Wagner ist in den USA als leitende Forschungs- und Strategiebeauftragte für das Predictive Analytics Reporting (PAR) Framework tätig, eine gemeinnützige, institutionsübergreifende Arbeitsgemeinschaft zum Thema Data-Mining. Die Organisation verwendet Prognosemodellen, um Muster für Studienmisserfolg und das Verhalten von Studierenden zu ermitteln. Oder, in Wagners eigenen Worten: "Es geht darum, Daten zu nutzen, um herauszufinden, was Studenten zum Studienabbruch veranlasst."

Inge de Waard schreibt derzeit ihre Doktorarbeit an der Open University und forscht über selbstbestimmtes Lernen für erfahrene Online-Lernende in MOOCs. Ihre Arbeit folgt dem Konzept der von Stewart Hase und Chris Kenyon vor über zehn Jahren entwickelten "Heutagogik", die im Gegensatz zur traditionellen, lehrerzentrierten Pädagogik, den Lernenden und das "Lernen lernen" in den Mittelpunkt rückt.