Projekte & Piloten

Fachvorträge zum "Tag des eLearning"

Hannover, März 2009 - Wie sich die öffentlichen Verwaltungen dem Thema eLearning annähern und es einbringen, verdeutlichten mehrere Fachvorträge zum "Tag des eLearning" im Rahmen der CeBIT 2009. "ELearning zur Einführung des neuen Beurteilungswesens" lieferte beispielsweise wichtige Aspekte oder auch Erfahrungen in Justiz und Poizei.




Virtuelle Akademie Niedersachsen



Birgit Wittenberg, Leiterin des Kompetenzzentrums eLearning Niedersachsen, nordmedia, berichtete über eine Reihe von Pilotprojekten in der Niedersächsischen Landesverwaltung, die deutlich gezeigt haben, dass sich eLearning für die Aus- und Weiterbildung in Ministerien und Behörden grundsätzlich eignet. Sie weiß: "Anfängliche Skepsis wich schnell großem Engagement, weil wir für das eLearning einen sehr individuellen Ansatz gewählt und die Lösungen sehr bedarfsorientiert konzipiert haben."


Als Ergebnis der erfolgreichen Pilotphase wird nun die Gründung der Virtuellen Akademie (VA) Niedersachsen auf den Weg gebracht. Sie soll als Serviceeinrichtung den eLearning-Einsatz in der Landesverwaltung bündeln. Ziel ist es, eLearning als reguläre, selbstverständliche und allgemein akzeptierte Methode einzuführen und die bisherigen Weiterbildungsangebote mit eLearning-Angeboten zu ergänzen.


Die geplante VA soll als zentrale Einrichtung eine weitere Professionalisierung des Einsatzes von eLearning in der Landesverwaltung ermöglichen. Die Kompetenzbündelung soll den Zugang zu eLearning vereinfachen und kostengünstiger gestalten. Das Angebot der VA soll von der technischen Bereitstellung von Lernmodulen und virtuellen Klassenräumen über die Beratung und Schulung von Interessenten bis zur Erstellung von Angeboten reichen.


eLearning zur Einführung des neuen Beurteilungswesens



Seit 2007 gibt es für die Landesverwaltung in Niedersachsen ein neues Beurteilungssystem, nach dem alle Beschäftigten zu bestimmten Stichtagen dienstlich beurteilt werden. Neue Elemente dieses Systems sind neben der Einführung von Stichtagen und der Verbindlichkeit von fünf neu definierten Rangstufen, auch die Beurteilungskommission, Erst- und Zweitbeurteilungen sowie ein Standard-Beurteilungsvordruck mit Leistungsmerkmalen und Einschätzung der Befähigung.

Das Studieninstitut des Landes Niedersachsen (SiN) in Bad Münder hat nun einen eLearning-Kurs entwickelt, der die Einführung des Beurteilungssystems unterstützt. Die eLearning-Anwendung steht der Landesverwaltung seit Mai 2008 im Intranet zur Verfügung und ist zum Teil mit Präsenzangeboten verbunden. Anhand von erklärenden Darstellungen, kleinen Übungsaufgaben und gesprochenen Dialogen erläutert dieses eLearning-Modul allen Beschäftigten das neue System.

Ernst Kabitzke, Leiter des Studieninstituts des Landes Niedersachsen in Bad Münder, betonte besonders die Komplexität der Abstimmungsvorgänge in der öffentlichen Verwaltung. Die konzeptionelle Vorarbeit wurde daher bereits 2007 durch eine interministerielle Arbeitsgruppe unter Federführung des Niedersächsischen Ministeriums für Inneres, Sport und Integration durchgeführt. Bereits in dieser Phase wurden Personalvertretung, Frauenbeauftragte und die Schwerbehindertenvertretung einbezogen.


eLearning in der niedersächsischen Justiz



Jens-Michael Alfers, Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht und Dietmar Hartgen vom Zentralen IT-Betrieb Niedersächsische Justiz berichteten über ein eLearning-Projekt, das rund 15.000 Mitarbeiter der niedersächsischen Justiz beim Technologiewandel unterstützte.

Da Präsenzschulungen für eine solche Anzahl von Mitarbeitern kaum in weniger als zwei Jahren zu bewältigen sind, entschied sich die niedersächsische Justiz für die Entwicklung eines Online-Selbstlernmodul. Gegenüber Präsenzschulungen sind zudem Kosteneinsparungen von rund einer Million Euro zu realisieren, wenn nur zwei Drittel der Anwender den eLearning-Kurs während der Migration nutzen.

Der speziell auf die Bedürfnisse der Anwender zugeschnittene, etwa siebenstündige Technologie-Kurs gewährleiste die technische Migration in der niedersächsischen Justiz auf Windows Vista und die aktuelle Office-Version. Mit einer Nutzungsrate von mehr als 50 Prozent sei der eLearning-Kurs gut angenommen, betont das Ministerium. Zudem ist das Modul in einer ersten Befragung positiv bewertet und zur bevorzugten Lernform erklärt worden.

Unter Nutzung der bei diesem Projekt gewonnenen Erfahrungen sind zwischenzeitlich bereits weitere eLearning-Angebote entstanden. So wurde beispielsweise der Umgang mit einer webbasierenden Anwenderverwaltung in einem eLearning-Kurs aufbereitet. Künftig sollen auch weitreichende organisatorische Veränderungen durch die Schaffung eines zukunftsfähigen, kundenorientierten Zentralen IT-Betriebes (ZIB) in der Justiz vermittelt werden.


eLearning bei der Polizeiakadmie Niedersachsen



"Eine moderne, bürgernah und verlässlich arbeitende Polizei stellt hohe Anforderungen an die Aus- und Fortbildung ihrer Beamten", betonte Dr. Axel Knaack, Leiter Dezernat eLearning der Polizeiakademie Niedersachsen. Mit der Umstrukturierung der Aus- und Fortbildungseinrichtungen der Polizei und Gründung der Polizeiakademie Niedersachsen im Jahr 2007 hat die Niedersächsische Landesregierung hierfür die entsprechende Weichenstellung vorgenommen. Für die Umsetzung der eLearning-Maßnahmen wurde im Oktober 2008 an der Polizeiakademie ein eigenes Dezernat geschaffen.

Die Ausbildung der künftigen Polizisten erfolgt an der Polizeiakademie im Rahmen eines dreijährigen Bachelor Studiengangs. Das qualifizierte Lehrpersonal stellt dabei die erstklassige Betreuung der rund 1.500 Studierenden sicher. Künftig soll eLearning diese Arbeit zusätzlich bereichern. Pilotvorhaben wie das eLearning-Projekt "Kriminalistische Tatortarbeit" haben gezeigt, dass sich eine hohe Ausbildungsqualität bei gleichzeitiger Reduktion der individuellen Lernzeiten erreicht lässt.

Die Polizeiakademie ist als zentrale Fort- und Weiterbildungseinrichtung ebenfalls für Qualifizierungsmaßnahmen der über 22.000 Bediensteten der Polizei zuständig. Auch in diesem Bereich gilt es, eLearning Methoden und Maßnahmen erfolgreich zu etablieren und eLearning zu einem selbstverständlichen, ergänzenden Instrument der Fort- und Weiterbildung werden zu lassen.

Ein zentraler Baustein in der daraus entwickelten eLearning-Planung der Polizeiakademie war der Aufbau eines Lernmanagementsystems (LMS). Das LMS soll die Kommunikation untereinander, die Organisation der Lehrveranstaltungen und den Zugang zu hochwertigem Lern- und Übungsmaterial verbessern. Besonders zu berücksichtigen waren dabei die hohen Sicherheitsanforderungen.

Die Entscheidung fiel schließlich auf das Open-Source-System ILIAS. "Die öffentliche Verwaltung ist immer bestrebt, kostengünstige Lösungen vorzuziehen", begründet Knaack die Wahl. Für das Autorensystem hat sich die Polizeiakademie noch nicht endgültig entschieden, hier stehen noch drei Produkte zur Auswahl.

"In Bezug auf Lerninhalte kann die Polizei in der Regel nicht auf am Markt verfügbares Material zurückgreifen. Hier gilt es, die eigenen Kompetenzen zur Erstellung von eLearning-Content auszubauen und in die Umsetzung der Inhalte einzusteigen", sagte der Dezernatsleiter Knaack. Die Polizei nehme damit und insbesondere mit dem Einsatz eigener Lernmanagementsysteme eine gewisse Vorreiterrolle für die allgemeine Landesverwaltung in Niedersachsen ein.


eLearning ohne Grenzen - Best Practices in der Steuerverwaltung


Renate Meißner, Dozentin an Steuerakademie Niedersachsen ist überzeugt, dass sich eLearning auch für die Steuerakademie als probate Lösung anbietet. Obwohl die Aus- und Fortbildung in der deutschen Steuerverwaltung nach bundeseinheitlichen Vorschriften durchgeführt wird, erfolgt sie dezentral an Fachhochschulen und Landesfinanzschulen oder an gleichstehenden Bildungsstätten der Verwaltung. Ähnliches gilt für andere Verwaltungsstudiengänge.

Die Ausbildungs- und Prüfungsordnung für die Steuerbeamten sieht einen bundesweiten Koordinierungsausschuss vor, der die einheitliche berufliche Bildung aller Steuerbeamten gewährleistet. Dieser rief unter anderem die Medien-Planungsgruppe ins Leben, die dem Ausschuss zuarbeitet.

Ihre Aufgabe ist die Sammlung und Auswertung von Informationen über Entwicklungen im Bereich der multimedialen Lehr- und Lernmittel. Zuständig ist der Ausschuss ebenfalls für die Erstellung von Konzepten derartiger Lehr- und Lernmodule im Rahmen der Fortbildung. In diesem Zusammenhang wurden beispielsweise verschiedene Lernprogramme und eine Austauschplattform entwickelt sowie im Herbst 2007 der Kongress "Easy LEARNING in der Steuerverwaltung" organisiert.

Einen anderen Ansatz verfolgt die Tagung zu "Webunterstützten elektronischen Informationsmedien" (WeInTag). Dieser wurde im Jahr 2001 aus dem Bedürfnis heraus gegründet, Informationen über die Webauftritte der Bildungseinrichtungen, eLearning und moderne Medien in Studium und Ausbildung zwischen den steuerrechtlichen Verwaltungsfachhochschulen aller Bundesländer auszutauschen. Seit 2003 nehmen auch die Landesfinanzschulen und seit 2004 die des Bundes teil.

Aus dem WeInTag heraus auf Betreiben der Bayerischen Steuerverwaltung, entstand beispielsweise das Lernprogramm UNIFA (Universeller Finanzamts-Arbeitsplatz), das in acht Modulen typische Arbeitsschritte im Finanzamt nachvollzieht. Der Kurs richtet sich sowohl an Mitarbeiter von Finanzverwaltungen und an Wiedereinsteiger. Die Behörden setzen den Kurs ebenfalls bei Umsetzungen oder Neueinstellungen zur Vorbereitung auf den Arbeitsplatz ein.

Im Jahre 2002 wurde als weitere Initiative die Bundesarbeitsgemeinschaft eLearning an den Fachhochschulen für den öffentlichen Dienst ins Leben gerufen. Da sich Studieninhalte in vielen Fachhochschulen ähneln oder gleichen, unterstützt die AG den Austausch von Wissen, Informationen und Materialien bis hin zu typischen Lerneinheiten. Kernstück ist die gemeinsame Lernplattform ILIAS.

Ein weiteres Projekt dreht sich um die europaweite Entwicklung eines Lernprogramms zur Mehrwertsteuer-System-Richtlinie, an dem Fachautoren aus Belgien, Deutschland (Bayern, Niedersachsen), Großbritannien, Österreich und Spanien beteiligt waren.

Nach dem ersten Feldtest und darauf folgenden Verbesserungen wird das Leuchtturmprojekt der Generaldirektion Steuern und Zollunion der Europäischen Kommission künftig in den nationalen Steuerverwaltungen zum Einsatz kommen. Der eLearning-Kurs, der aus 13 Fach- und einem Übungsmodul besteht, ist Teil eines Blended-Learning-Konzepts. Auch hier setzen die Betreiber, auf Basis einer Evaluation von Renate Meißner, auf die Open-Source-Plattform ILIAS.



VETlife - Tiermedizinische Fortbildung per eLearning


Dr. Jan P. Ehlers, eLearning-Berater, Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover, präsentierte das Projekt VETlife, ein eLearning-Fortbildungsportal, das in Kooperation der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover mit der Tierärztekammer Niedersachsen, der Schlüterschen Verlagsgesellschaft, K&W und dem eLearning-Kompetenzzentrum Niedersachsen entstand. Das Portal dient als Rahmen für ein interprofessionelles, informelles und formelles Lernen für Experten und allen am Thema Interessierten.

Eine 2005 im Vorfeld des Projektes durchgeführte Umfrage förderte zutage, dass 80 Prozent der niedersächsischen Tierärzte sich fachliche Fortbildungen auch per eLearning wünschten. Als Gründe nannten die 212 befragten Veterinäre das Wegfallen von Reisekosten, Verdienstausfall und Praxisvertretungen.

Die technischen Voraussetzungen dafür sind gegeben: Zu über 95 Prozent stehen den Tierärzten PCs mit Internetanschluss am Arbeitsplatz für die eigene Fortbildung zur Verfügung. Damit ließ sich das Lernen gut in den Arbeitsalltag integrieren. Veterinäre könnten die obligatorische berufsbegleitende Fortbildung beispielsweise während der Wartezeit zwischen den Patienten oder von zu Hause aus bewältigen.

Zu der Zeit gab es allerdings kaum eLearning-Angebote für die tiermedizinische Aus- und Fortbildung. Das sollte mit dem Projekt VETlife geändert werden. Gefördert durch das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur mit EFRE-Mitteln, entsteht nun im ersten Schritt ein eLearning-Portal für die tierärztliche Fortbildung. In Prototypen wird dabei möglichst das gesamte Spektrum tierärztlichen Handelns abgedeckt, wie zum Beispiel Tierseuchenkrisenfall, Lebensmittelqualitätssicherung sowie Kleintier-, Pferde- und Nutztiermedizin.

Zielgruppe sind neben den rund 4000 Tierärzte in Niedersachsen auch tiermedizinisches Fachpersonal, Landwirte sowie assoziierte Bereiche, die mit Tierseuchenkrisenmanagement, Lebensmittelsicherheit und Verbraucherschutz zu tun haben. Für sie wurden bereits eine Reihe von Lernprogrammen und Lernarrangements konzipiert, die kontinuierlich erweitert und an die aktuellen Anforderungen angepasst werden sollen.

Im Rahmen des Förderprojekts wurden bisher folgende Fortbildungen als eLearning-Kurse umgesetzt:

  • T/U/L/O -Tiergesundheit und Lebensmittelkunde online
  • TonRind-akustische Befunde beim Rind
  • Tierseuchenbekämpfung
  • Kolik beim Pferd / Anästhesie beim Pferd
  • Klinische Immunologie beim Kleintier

In weiteren Teilprojekten wird zurzeit informelles Lernen mit Web2.0-Techniken und MP3-Anwendungen integriert, die den Anwendern eine flexible und alltagstaugliche Möglichkeit zur Fortbildung bieten sollen. Mit dem Einsatz von virtuellen Fallbeispielen werden zudem konkrete Lernfälle aus der Praxis vorgestellt.

Das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur fördert VETlife mit über 500.000 Euro. In dem Projekt arbeiten die Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover, die Schlütersche Verlagsge- sellschaft mbH & Co. KG, Hannover, und Kommunikation & Wirtschaft GmbH, Oldenburg als Koopera- tionspartner zusammen. Eingebunden in das Projekt sind auch die Niedersächsische Tierärztekam- mer und das Kompetenzzentrum eLearning Niedersachsen.