Hyperpersonalisierung

"Starre Lehrmethoden gehören der Vergangenheit an"

Theresa VossDüsseldorf/Karlsruhe, Mai 2024 - Der Vortrag "Individuelles Lernen mit Hyperpersonalisierung: KI im Gesundheitswesen und darüber hinaus" beleuchtet KI und die Auswirkungen auf Learning. Ein Fallbeispiel aus der Gesundheitsbranche soll verdeutlichen, wie Fachpersonal von innovativen Technologien profitieren kann. Theresa Voss, Mitgründerin des EdTech-Unternehmens chunkx, gibt Auskunft über die Hintergründe von KI, NLP und Machine Learning.

Der Begriff der Hyperpersonalisierung stammt ursprünglich aus dem Marketing und zielt darauf ab, eine möglichst enge und langfristige Beziehung zum Kunden zu entwickeln. Wie ist "Hyperpersonalisierung" im Zusammenhang mit individuellem Lernen zu verstehen?

Theresa Voss: Hyperpersonalisierung im Kontext des individuellen Lernens öffnet uns die Tür zu einer Welt, in der starre Lehrmethoden der Vergangenheit angehören. Jeder Lernende ist einzigartig mit eigenen Bedürfnissen, Talenten und Vorlieben. Statt vorgefertigter, uniformer Lernpfade und generischer Inhalte betrachten wir jeden als einen individuellen Lerner mit seinem eigenen Weg. Dank KI können wir nun neue Lernerlebnisse gestalten, die sich flexibel an die individuellen Bedürfnisse, Fähigkeiten und Lernstile jedes Einzelnen anpassen.
Diese Personalisierung stärkt nicht nur die Verbindung zwischen Lernenden und Lerninhalten, sondern maximiert auch den Lernerfolg, indem sie genau auf die individuellen Stärken und Schwächen eingeht. Besonders die intrinsische Motivation wird hierbei angeregt: Je genauer die Inhalte auf den Einzelnen zugeschnitten sind und je mehr Einfluss wir darauf haben, desto mehr fühlen wir uns motiviert.
Betrachten wir beispielsweise soziale Medien, so beeinflussen wir aktiv, was uns angezeigt wird, durch eine Fülle von Daten, die unser Nutzerverhalten abbilden. Das mag manchmal beängstigend erscheinen, aber auf der anderen Seite setzt es auch den Standard und die Erwartungen, die wir haben.
Ich persönlich bin ein großer Befürworter des richtigen und ethischen Einsatzes von Technologie. Wir stehen vor einer Revolution im Bildungswesen und sollten diese Chance nutzen, um uns auf das Wesentliche zu konzentrieren: Eine nachhaltige und individuelle Bildung für alle.
 

Die Medizin ist eines der größten KI-Anwendungsfelder – wie lässt sich an dieser Beispielindustrie KI in der Weiterbildung und in der Anwendung sinnvoll verknüpfen?
Theresa Voss: In der Medizin hat KI bereits beeindruckende Fortschritte erzielt, indem sie Diagnosen verbessert, Behandlungen personalisiert und Therapieempfehlungen optimiert. Diese Errungenschaften bieten uns wertvolle Erkenntnisse, die wir für die Weiterbildung adaptieren können. Indem wir die Methoden und Technologien aus dem Bereich der medizinischen KI auf das Lernen und die berufliche Entwicklung übertragen, können wir personalisierte Lernerfahrungen schaffen, die individuell auf die Bedürfnisse und Ziele jedes Einzelnen zugeschnitten sind.
Zum Beispiel können wir Machine Learning-Algorithmen nutzen, um das Lernverhalten zu analysieren und personalisierte Lernpfade zu empfehlen, die den individuellen Lernstil und die Präferenzen jedes Mitarbeiters berücksichtigen. Darüber hinaus können wir auch Natural Language Processing einsetzen, um Lerninhalte zu analysieren und individuelle Lerninhalte zu erstellen, die den Lernenden dabei helfen, kontinuierlich ihr Wissen und ihre Fähigkeiten zu verbessern.
Letztendlich ermöglicht uns die Verknüpfung von KI, innovative Ansätze für das Corporate Learning zu entwickeln, die dazu beitragen, dass Unternehmen und ihre Mitarbeiter erfolgreich in einer zunehmend digitalen und komplexen Arbeitswelt agieren können.
 

Welche KI-Tools kommen bei einer Hyperpersonalisierung im Corporate Learning zum Einsatz?
Theresa Voss: Bei der Hyperpersonalisierung im Corporate Learning setzen wir verschiedene KI-Tools ein, um die Lernerfahrung jedes Einzelnen individuell anzupassen und zu optimieren:

Machine Learning-Algorithmen: Diese analysieren das Lernverhalten der Teilnehmer und geben personalisierte Empfehlungen. Zum Beispiel können sie vorhersagen, welche Lerninhalte für einen Mitarbeiter am relevantesten sind oder welche Lernmethode am effektivsten sein könnte, basierend auf früheren Interaktionen und dem Lernerfolg.

Natural Language Processing (NLP): NLP wird genutzt, um Lerninhalte zu verstehen und personalisiertes Feedback bereitzustellen. KI-Systeme können Fragen beantworten, Feedback geben oder sogar Lernmaterialien automatisch generieren, die auf individuelle Bedürfnisse zugeschnitten sind.

Data Analytics-Tools: Diese überwachen den Lernfortschritt, erfassen Leistungsmetriken und bieten Einblicke in das Lernverhalten. Durch die Analyse von Daten können Unternehmen Muster und Trends erkennen, um ihre Lernprogramme kontinuierlich zu verbessern.

Intelligente Chat-Systeme: Diese nutzen KI, um den Lernprozess zu unterstützen. Sie können personalisierte Lernpfade erstellen, individuelle Lernziele setzen und adaptive Lernmaterialien bereitstellen, die sich an den Fortschritt und die Bedürfnisse jedes Einzelnen anpassen.

Die Integration dieser KI-Tools ermöglicht es Unternehmen, hyperpersonalisierte Lernerfahrungen anzubieten. Dadurch können Mitarbeiter effektiver lernen und sich kontinuierlich weiterentwickeln, während gleichzeitig die betriebliche Effizienz und Produktivität gesteigert werden.
 

chunkx, das von Ihnen mitgegründete Startup, ist bislang mit kontinuierlichem und personalisiertem Micro Learning in Erscheinung getreten. Werden Sie künftig KI-basierte Lernassistenten für medizinische Fortbildungen anbieten?
Theresa Voss: Ja, mit chunkx bieten wir einen KI-basierten Copiloten für kontinuierliches Lernen an. Das Gesundheitswesen ist jedoch nur einer von vielen Anwendungsbereichen, denn wir gehen noch weiter: Wir glauben fest daran, dass wir mit Technologie mehr erreichen können als nur personalisierte Lernprofile oder -pfade anzubieten. Unser Fokus liegt auf der individuellen – bei uns hyperpersonalisierten – Erstellung Lerninhalten für jeden Mitarbeiter.
Dies ist nicht nur revolutionär in der Art und Weise, wie wir Lernen denken, sondern bietet auch massive Vorteile für alle involvierten Parteien: Wir fördern Mitarbeiter individuell, sparen dabei Ressourcen bei Unternehmen und können spannende Daten zu Entwicklungs- oder Skillprofilen sammeln.

Durch den Einsatz unserer individuellen Datenstruktur und KI sind wir in der Lage, personalisierte und didaktisch gut aufbereitete Lerninhalte zu erstellen, die sich an die individuellen Bedürfnisse, Lernstile und Fortschritte jedes Einzelnen anpassen. Mitarbeiter können dabei ihre Lerninhalte mit Hilfe von Chatbots perfektionieren, inhaltliche Rückfragen stellen oder einfach nur ihre Mikrolerneinheiten absolvieren. Dies ist nicht nur für die Gesundheitsindustrie, sondern auch für andere Branchen wie die Automobil-, Produktions- oder Telekommunikationsbranche relevant, in denen wir ebenfalls tätig sind.
 

Gibt es bereits Erfahrungswerte?
Theresa Voss: Ja, unsere Lösungen wurden in verschiedenen Szenarien sowie Industrien erfolgreich eingesetzt, darunter Mitarbeiter-Onboarding, Innovationsthemen und beispielsweise Produktschulungen. Die erhaltenen Datenberichte haben gezeigt, dass unsere personalisierten Ansätze sehr gut von der Zielgruppe angenommen werden und eine Kontinuität im Lernprozess ermöglichen, die mit herkömmlichen LMS-Systemen oder generischen und statischen Contentplattformen nicht erreicht werden kann.
Oftmals wurde deutlich, dass die Auswahl bei diesen Systemen und Anbietern, in ihrer Masse überfordernd ist und leider zu irrelevanten und unspezifischen Inhalten führt. Wir bei chunkx arbeiten kontinuierlich mit unseren Kunden daran, unsere hyperpersonalisierte Erstellung von Lerninhalten zu verbessern, indem wir beispielsweise eine medienreiche Aufarbeitung und die Einbindung unternehmensspezifischer Inhaltsquellen wie das Intranet, Präsentationen oder herkömmliche Dokumentationen vorantreiben.