Der Spaßfaktor

Probleme aus der Ich-Perspektive lösen

Hamburg, Mai 2012 - (von Prem Lata Gupta) Mehr Sinnlichkeit, starke Gefühle - und im Ergebnis eine steilere Lernkurve: Dreidimensionalität scheint eLearning zu bereichern. Gerade in jüngster Zeit kommen nicht nur immer mehr 3D-Filme ins Kino, auch in der Weiterbildung ist 3D kein Außenseiter-Thema mehr. Dirk Hitz, Geschäftsführer von Apunto SC, verweist auf die rasante Entwicklung der vergangenen zwei Jahre und den Spaßfaktor beim Endnutzer: "Die Abbrecherquote ist viel niedriger als bei herkömmlichen Angeboten."

Wie würden Sie das Marktgeschehen in jüngster Zeit beschreiben?

Dirk Hitz: 3D ist eine Technik, die während der vergangenen zwei Jahre auch bei Weiterbildungsanwendungen verstärkt Fahrt aufgenommen hat. Diese Relevanz spiegelt sich auch darin, dass bei der Learntec 2012 den Themen 3D und Serious Games ein eigenes Forum gewidmet wurde. Es hat sich viel getan: Anfangs mussten wir viel erklären, jetzt kommen die Unternehmen direkt auf uns zu, haben Wünsche und eigene Vorstellungen. Insofern haben wir uns vom Evangelisten zum Dienstleister gewandelt.

Was macht den Mehrwert von 3D aus? Hat dies mit der Erwartungshaltung der Nutzer zu tun, die ja auch in der Freizeit zunehmend mit 3D konfrontiert sind, zum Beispiel im Kino?

Dirk Hitz: Für Kinofilme kommt eine andere Technologie zum Einsatz, der Zuschauer trägt eine spezielle Brille. Und für einen Lernenden ist nicht das Gefühl notwendig, ein Speer würde an ihm vorbeizischen. Aber 3D ermöglicht in der Weiterbildung eine realistischere Darstellung der Inhalte. Der Nutzer bewegt sich als Avatar in dreidimensional gestalteten Räumen. Er kann forschen, ausprobieren, Fehler machen: Das alles basiert auf der Lernpsychologie des Konstruktivimus, nämlich neues Wissen aus Erlebtem zu erschaffen. Das Lernen ist nachhaltiger als bei klassischen Anwendungen.

Weil die Lernumgebung virtuell ist, aber sich alles so echt anfühlt?

Dirk Hitz: Der Lernende taucht wirklich ein in das Geschehen. Er löst Probleme aus der Ich-Perspektive. Wir versuchen Dringlichkeit zu erzeugen, arbeiten mit Zeit- oder Entscheidungsstress. Wenn der Anwender das Problem dennoch gelöst hat, erzeugt dies Glücksgefühle. Das ist eine positive Verstärkung des Lernprozesses. Dazu kommt, dass man sich an eine bildhafte Geschichte viel besser erinnern kann.

Was gibt denn bei Ihren Interessenten den Ausschlag, sich tatsächlich für eine 3D-Simulation zu entscheiden?

Dirk Hitz: Sie setzen auf den Spaßfaktor, denn die Motivation beim eLearning ist wohl oft gering. Auch spielt der Wunsch eine Rolle, in der Weiterbildung state-of-the-art zu sein - also seinen Mitarbeitern attraktive Angebote machen zu wollen. Man fordert sie einerseits, betreibt aber außerdem noch so etwas wie Employer Branding.

Und funktioniert das auch wie gewünscht?

Dirk Hitz: Wir bekommen zum Teil begeisterte Rückmeldungen. Wir haben für die BNP Paribas eine Lösung für das Mitarbeiterjahresgespräch entwickelt, welches inzwischen auch als Standardprodukt erhältlich ist. Das Feedback lautete sinngemäß: Mit konventionellen Lernmethoden hätten wir zehn Jahre gebraucht, einen Lernerfolg in dieser Größenordnung zu erzielen.


Solche Erkenntnisse freuen uns, aber auch innerhalb der Unternehmen müssen sie unbedingt kommuniziert werden. Wenn eine Maßnahme auf derart positive Weise Früchte trägt, wird der verantwortliche Entscheider fast automatisch zu einem Heroe gemacht. Dann haben wir unser Ziel erreicht.

Eignet sich jeglicher Schulungsinhalt für 3D?

Dirk Hitz: Es lassen sich sehr gut Verhaltenskomponenten schulen. Wir setzen die Technik in erster Linie bei Management- und Verkaufstrainings ein. Oder wenn es darum geht, eine Awareness zu schaffen, etwa bei Compliance-Themen. Bei einer klassischen Software-Schulung sehe ich den Zusatznutzen von 3D als nicht so hoch an, das wäre ein wenig -žover the top-œ.

Haben sich die Tools, um 3D-Simulationen herzustellen, verändert? Ist solch ein Game inzwischen kostengünstiger oder einfacher zu produzieren?

Dirk Hitz: Wir arbeiten mit einer eigenen Engine, die wir seit acht Jahren permanent weiter entwickeln. Es reicht nicht, dem Nutzer einfach nur ein Bewegtbild anzubieten. Wir achten bei der Umsetzung stark auf Körpersprache, Mimik und Gestik. Die muss der Situation angepasst sein. Wenn jemand entsetzt ist, muss erkennbar sein, dass sich sein Gesichtsausdruck ändert, dass er zusammenzuckt. Sonst gelingt die Immersion, das Eintauchen in das Serious Game nicht, weil die Darstellung nicht wirklich überzeugend ist und das Lernen ist nicht mehr so effektiv.

Und wie viel kostet solch ein 3D Serious Game bei Ihnen?

Dirk Hitz: Bei einer Lernzeit zwischen 30 Minuten bis zu einer Stunde ist eine Summe von 50.000 bis 100.000 Euro zu veranschlagen.