Lernbox

ELearning für Schulen von Bachelor-Studenten des HPI

Potsdam, September 2012 - Schon allein der Begriff "Box" klingt kompakt und praktisch. Vier Bachelor-Studenten des Hasso-Plattner-Instituts haben eine Lernbox für Schulen entwickelt. Sie soll helfen, Unterrichtsinhalte auf einfachem Weg zu digitalisieren und möglichst vielen Anwendern zugänglich zu machen. Alexander Schulze gehört zu dem Projekt-Team, das diese Anwendung erfolgreich auf den Weg gebracht hat. Seine Erfahrung: "Das Interesse an eLearning in den Schulen lässt sich schüren, allerdings muss die Lösung einfach und praktikabel sein."

Wollten Sie so etwas ähnliches für Schulen entwickeln?

Alexander Schulze: Nein, Schulen benötigen keine Highend-Anwendungen. Wie unsere Anforderungsanalyse ergeben hat, muss man ganz anders ansetzen.

Was haben Sie denn herausgefunden?

Alexander Schulze: Das Projekt ist im September 2011 gestartet. Es lässt sich in drei Phasen untergliedern. Im ersten Schritt haben wir an der Archenhold Oberschule in Berlin sowie an der Sportschule Potsdam und dem Einsteingymnasium Potsdam erfragt, welche Erfahrungen überhaupt schon mit eLearning vorliegen. Dabei stellte sich heraus, dass Plattformen zwar existierten - aber viele Lehrer nutzten diese Anwendung nicht. Es erschien ihnen zu kompliziert.

Und waren die Befragten jetzt an einer neuen Lösung interessiert?

Alexander Schulze: Wir stießen eher auf Berührungsängste nach dem Motto -žDas werden wir nie können.-œ Für uns hieß das als Botschaft, dass die Lösung sehr einfach anzuwenden sein muss. Wobei uns aufgefallen ist, dass jüngere Lehrer weniger Berührungsängste haben, weil sie selbstverständlicher mit digitalen Medien umgehen. Ein weiterer Grund liegt nicht allein im Alter, denke ich. Vielmehr hat er wohl auch damit zu tun, dass jüngere Lehrer generell bereit sind, auch neue Konzepte in der Lehre auszuprobieren.

Was passierte als nächstes?

Alexander Schulze: Wir haben überlegt, was unser Angebot leisten soll. Wir wollten die Möglichkeit, zu bestimmten Themen so genannte Lernpakete zu schnüren. Also ein Video von einem Vortrag oder einem Referat zu verknüpfen mit Textdokumenten, weiter führenden Links und Arbeitsblättern. Die Lehrer hatten teilweise keine Vorstellung, was alles möglich ist. Und dann haben wir viele Oberflächen-Tests auf Papier gemacht, länger als zwei Monate.

Wie funktioniert das?

Alexander Schulze: Man nennt es auch Paper Prototyping. Dabei gestaltet man eine Oberfläche nicht auf dem Schirm und zeigt sie testweise, um sich Feedback geben zu lassen, sondern malt sie aufs Papier.

Und was ist daran so besonders?

Alexander Schulze: Es senkt die Hemmschwelle. Die Testperson nimmt sich den Bogen und kritzelt selbst darauf herum. Sie sagt, diesen Button hier hätte ich lieber dort. Der Kunde merkt sozusagen, dass schnell etwas änderbar ist und er kann mitgestalten. Das ist etwas anderes als bei einer Bildschirm-Präsentation. Da hätte er die Kenntnisse nicht dafür, um einzugreifen, weil er das Programm nicht kennt oder anwenden kann.

Und wie lässt sich nun genau ein Lernpakt schnüren?

Alexander Schulze: Nachdem wir genügend Feedback hatten, konnten wir die Software entwickeln. Die kann man auf einen Windows-Rechner spielen. Eine Kamera, die an den Rechner angeschlossen ist, hinterlegt den Film in diesem Programm. Darüber hinaus lassen sich zusätzliche digitale Unterlagen und Links thematisch andocken. Und wenn man diese Inhalte anschließend veröffentlichen will, passiert das auf Moodle oder einer anderen Plattform mit einem relativ langen Link. Hintergrund ist, dass Schulen oft technisch nicht in der Lage sind, so viel Material zu hosten. Die Filme sind über eine sehr lange URL, also nicht für jedermann einsehbar oder abrufbar, bei Youtube hinterlegt.

Was ist der Vorteil daran?

Alexander Schulze: Es ist eine sehr günstige Lösung, weil sie für die Schulen kostenlos ist. Und sie gibt Lehrern die Sicherheit, dass sie nicht in der Öffentlichkeit stehen, sondern nur bestimmten Zielgruppen - nämlich für ihre Schüler - sichtbar sind. Das war vielen unserer Gesprächspartner sehr wichtig.

Zu ihrer Lernbox gehört auch ein digitaler Stift...

Alexander Schulze: Ja, das ist ein weiteres Feature: Damit lassen sich Mitschriften speichern, die parallel zum Video angezeigt werden. Dieser Stift kostet nur 30 Euro und hat an der Mine eine Infrarot-Diode, das heißt die Bewegungen werden an einen Clip übertragen, der außerdem am Papier befestigt ist. Auf diese Weise wird gespeichert, was zu welchem Zeitpunkt des Vortrages mitgeschrieben wird. Das verbessert den Lernprozess und ist sinnvoller, als diese Notizen einfach nur einzuscannen.

Haben Sie denn schon erste Rückmeldungen, wie ihre Lernbox ankommt und ob sie auch genutzt wird?

Alexander Schulze: Wir können nachvollziehen, wie viele Lernpakete schon eingestellt wurden. Bisher sind es 33. Das ist eine ganze Menge dafür, dass wir in der Zeit vom Mai bis August dieses Jahres sechs Lehrer geschult haben. In diesen Zeitraum fallen ja auch die Sommerferien. Ich nehme an, es braucht auch noch einige Zeit, bis dieses Angebot weiter durchsickert und noch stärker in Anspruch genommen wird.