Recht & Praxis

Konstruktive Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat

Elisabeth Schulze-JägleGroß Lindow, Mai 2015 - (von Elisabeth Schulze-Jägle, ESCHUJA) Anfangen ein Haus zu bauen oder das bestehende Haus durch Anbauten zu vergrößern, ohne die dafür erforderlichen Genehmigungen der zuständigen Behörden in der Tasche zu haben, würde wohl den Wenigsten von uns in den Sinn kommen. Was beim Hausbau den Wenigsten von uns einfallen würde, ist im eLearning und Learning Management Bereich häufig Alltag.

Viele eLearning Projekte bzw. IT-gestützte Bildungsmaßnahmen oder die Einführung eines Learning Management Systems werden ohne Einbeziehung des Betriebsrat gestartet: Es wird also angefangen, ein Haus ohne die frühzeitige und ausreichende Einbeziehung dieses wichtigen Gremiums zu bauen.

Frühzeitige Einbeziehung des Betriebsrats ist kein "Kann", sondern ein "Muss"

Grundsätzlich ist der Betriebsrat laut Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) in allen Fragen der Personalplanung und "über die sich daraus ergebenden personellen Maßnahmen der Berufsbildung" zu informieren bzw. mit einzubeziehen. Dem Arbeitgeber obliegt eine gesetzlich vorgeschriebene "Bringschuld" (§80 / §90 BetrVG) und Informationspflicht (§92 BetrVG). So ist bereits in der Planungsphase einer Personalentwicklungsmaßnahme, und dazu gehören eLearning Projekte und Learning Management Systeme, der Betriebsrat aktiv und umfassend zu informieren.

Bei allen Maßnahmen bei denen es um Verhaltens- und Leistungskontrolle geht, wie beispielsweise das Erfassen von Lernzeit, Lernfortschritt und Testergebnissen, hat der Betriebsrat nach § 87 BetrVG ein umfassendes Mitbestimmungsrecht.  Sobald also personenbezogene Daten in irgendeiner Art und Weise erfasst, genutzt und ausgewertet werden, sind diese gegenüber dem Betriebsrat melde- und genehmigungspflichtig. Dies beinhaltet auch, dass die Art und Weise wie die IT-gestützte Weiterbildungsmaßnahme durchgeführt werden soll mit dem Betriebsrat abgestimmt werden muss.

Kenntnis der rechtlichen Rahmenbedingungen und Konsequenzen für die Praxis

Durch mangelnde Kenntnis der gesetzlichen Rahmenbedingungen und der entsprechenden Präsentation des Bildungsvorhabens beim Betriebsrat kommt es oftmals zu erheblichen zeitlichen Verzögerungen und es müssen - teilweise erhebliche - Nachbesserungen vorgenommen werden, um die Anforderungen des Betriebsrates umzusetzen, die für eine Genehmigung erforderlich sind.

Das ist in der Regel teuer und bedeutet für alle Seiten Stress. Eine solche Situation birgt hohes Konfliktpotential, eine zielgerichtete und konstruktive Zusammenarbeit gestaltet sich mehr als schwierig. 

Zielgerichtete und konstruktive Zusammenarbeit von Anfang an

Mit der richtigen Vorgehensweise bzw. Vorbereitung (Was ist für den Betriebsrat wichtig? Worauf legt er Wert?) und dem rechtlichen Hintergrundwissen (Was steht im Betriebsverfassungsgesetz und was bedeutet das konkret für IT-gestützte Bildungsmaßnahmen?) können die erforderlichen Abstimmungsprozesse zwischen den an der Projektumsetzung Beteiligten allerdings deutlich vereinfacht und der Kommunikationsfluss wesentlich verbessert werden. Das spart in jedem Fall Zeit, Geld und jede Menge Nerven.  

Zum Beispiel sollten in einer gemeinsam erarbeiteten Betriebsvereinbarung grundlegende Vereinbarungen zu eLearning als Lernform und die dafür genutzten Tools bzw. Systeme festgelegt werden. Darauf aufbauend ist es ratsam zusammen mit dem Betriebsrat Prozesse und Templates für die Meldung und Abstimmung von konkreten IT-gestützte Weiterbildungsmaßnahmen zu entwickeln. Also wie möchte der Betriebsrat im konkreten Fall einbezogen werden und welche Informationen benötigt er von wem in welcher Form? Damit wird eine gute Basis für eine zielgerichtete Zusammenarbeit im konkreten Fall geschaffen und IT-gestützte Bildungsmaßnahmen nachhaltig im Unternehmen etabliert.

Entwicklung von passgenauen Lösungen mit Hilfe kompetenter Unterstützung

Die genaue Ausgestaltung einer Betriebsvereinbarung sowie Festlegung von Prozessen und Templates variieren sicherlich von Unternehmen zu Unternehmen. Mit der richtigen Vorgehensweise und dem Wissen, welche Bereiche und Themen "kniffliger" sind als andere, verläuft die Erarbeitung und Verabschiedung solcher Vereinbarungen sowie die Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat bei eLearning Projekten von Anfang an strukturiert ab. Die notwendige Unterstützung kann hier durch rechtliche und fachliche Einzelberatung, fallbezogener Unterstützung oder durch themen-spezifische Weiterbildungsangebote erfolgen, die wichtige und fundierte Handlungsanleitungen für die praktische Arbeit liefern.