Praxisorientiert

Digitaler Campus Schwaben für Techniker und Meister

Augsburg, November 2015 - Die Hochschulen für angewandte Wissenschaften in Bayerisch-Schwaben starten im Herbst 2016 ein neues regional verankertes Online-Studienmodell. Das Bayerische Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst hat den diesbezüglichen Verbundantrag "Digital und Regional" der Hochschulen Augsburg, Kempten und Neu-Ulm genehmigt.

Das Ministerium stellt hierfür ab sofort jährlich einen Betrag in der Größenordnung von insgesamt 1,5 Millionen Euro zur Verfügung. Vorgesehen sind digitale und extramurale Lernorte zunächst in den zwei Teilregionen Nördlingen/Nordschwaben und Memmingen/Allgäu. Zu einem späteren Zeitpunkt sollen weitere Lernorte wie Günzburg und Kaufbeuren aufgebaut werden.

Das Verbundvorhaben umfasst sowohl ein ausbildungs- wie auch berufsbegleitendes Studienmodell – zunächst im technischen, ab 2017/18 auch im betriebswirtschaftlichen Bereich. Das ausbildungsbegleitende Studienmodell erweitert das bisher schon erfolgreiche duale Studium um eine weitere Variante, die die praxisorientierte Ausrichtung in den Unternehmen mit innovativen digitalen Lernformen koppelt.

Die berufsorientierten Studiengänge richten sich nach Aussage von Prof. Hans-Eberhard Schurk, Präsident der Hochschule Augsburg, auch an Techniker und Meister, die sich nach dem Modell des in Augsburg erfolgreichen Wirtschaftsingenieur-Studiengangs berufsbegleitend in Teilzeit weiterbilden möchten. Für die Zielgruppe, die häufig bereits über berufliche oder fachliche Erfahrungen verfüge, entstünden so flexible Studienmöglichkeiten, die sich an konkreten Bedarfslagen der Studierenden und der Unternehmen in der Region ausrichteten.

Partner wollen Ressourcen bündeln und Synergien nutzen

Prof. Schurk erklärt: "Das eLearning-gestützte und regional verankerte Teilzeit-Studienangebot liefert einen Brückenschlag zwischen Qualifizierungsbedarf und Qualifizierungsangeboten. Uns wurde von den schwäbischen Unternehmen signalisiert, dass der Bedarf für extramurales Lernen hoch ist – darauf reagieren wir durch individualisierte Angebote."

Einheitliche Verfahren zur Anerkennung von beruflichen und akademischen Leistungen kompetenzorientierter und individualisierbarer Lehr- und Lernwege, sowie eine kontinuierliche Kooperation mit Unternehmen der Region seien dabei elementar. Daher kooperiere man bereits jetzt mit der Stadt Memmingen, der Stadt Nördlingen, der Industrie- und Handelskammer Schwaben und der Handwerkskammer für Schwaben. Um das Verbundprojekt effizient und nachhaltig zu realisieren, würden Ressourcen und Expertisen der jeweiligen Hochschulen sowie der Kammern gebündelt und dadurch erzeugte Synergien genutzt. Partner für die Einrichtung eines Digitalen Campus Schwaben ist die oncampus GmbH der Fachhochschule Lübeck.

Zeitgemäßes Angebot an berufsorientierten Studiengängen

Studieninteressierte können voraussichtlich ab dem Wintersemester 2016/2017 ein duales Basisstudium oder auch ein berufsbegleitendes Studium in Teilzeit in der Region starten und ihre Kompetenzen in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik erweitern. Neben Schwerpunkten in Elektrotechnik und Maschinenbau soll dabei vor allem auch ein Fokus auf überfachlichen Schlüsselkompetenzen liegen. Das Online-Studienkonzept sieht beispielsweise gruppenbezogenes Distance Learning vor. Die Studierenden blieben nach Aussage von Prof. Schurk organisatorisch flexibel, profitierten dabei aber zugleich von der spürbaren hochschulischen Aktivität vor Ort. Ein möglicher späterer Übergang in eine der bestehenden Hochschulen werde so optimal vorbereitet.

Online-Studienkonzept mit Basisstudium und Spezialisierung

"Nach dem zweijährigen Basisstudium mit allgemeiner Ingenieurausrichtung bei gleichzeitiger Tätigkeit im Betrieb kann der Studierende zwischen zwei Varianten für die anschließende Phase der Spezialisierung wählen", erklärt Prof. Robert F. Schmidt, Präsident der Hochschule Kempten. Entweder er bliebe beim digitalen und regionalen Modell und erlange in Teilzeit einen Bachelorabschluss in einem der neuen digital konzipierten Studiengänge "Technische Systeme" oder auch "Faserverbundtechnologie".

Oder der Kandidat / die Kandidatin entscheide sich für ein Vollzeitstudium in Kempten oder Augsburg und erlange dort einen Bachelorabschluss wahlweise in Mechatronik, Elektrotechnik, Maschinenbau oder Technische Informatik. Die Zusammenarbeit der bayerisch-schwäbischen Hochschulen habe sich in den vergangenen Jahren auch schon bei anderen Projekten bewährt. Prof. Schmidt sagt: "Die Hochschulen ergänzen sich in idealer Weise durch komplementäre Kompetenzen und die optimale Ausrichtung auf den jeweiligen regionalen Fokus. Das soll bei diesem Studienmodell ebenfalls einen Mehrwert für die Region bieten."

Neue Lernformen gezielt einsetzen

Das Verbundprojekt hat zum Ziel durch das Angebot an Lernorten außerhalb der drei Hochschulstädte und durch digitale Lernangebote, den Zugang zum Studium in der Region zu erleichtern. Das Studienmodell zeichnet sich durch die intensive Kooperation mit Unternehmen aus und berücksichtigt dabei den spezifischen Bedarf der Wirtschaft hinsichtlich Inhalt, Aufbau und Organisation des Studiums.

"Die Region Schwaben bietet exzellente Arbeitsplatzpotenziale und verzeichnet überdurchschnittliche Beschäftigungszuwächse in den vergangenen Jahren. Mit dem Digitalen Campus Schwaben wird eine verstärkte akademische Aus- und Weiterbildung geboten – gleichzeitig werden Fachkräfte in der Region gehalten", so Prof. Dr. Uta M. Feser, Präsidentin der HNU.

Dies ist durch die digitalen Lern- und Lehrangebote möglich: Die bewährten Einzelkurse der Virtuellen Hochschule Bayern (vhb) werden um vollständige Online-Module erweitert. Gleichzeitig wird ein eLearning-Modell erstellt, das Erfolgsfaktoren zur Entwicklung von multimedialen Lernumgebungen definiert und strukturiert. "Die Hochschulen für angewandte Wissenschaften in Schwaben leisten hierbei mit ihrer modernen, praxisorientierten und qualitativ hochwertigen Ausbildung einen entscheidenden Beitrag zur Fachkräftesicherung", so die Präsidentin Prof. Dr. Uta M. Feser.

Studium 4.0 soll individuelle Bedürfnisse aufgreifen

Während die Unternehmen in der Region die Entwicklung hin zu Industrie 4.0 längst als Chance erkannt hätten für flexible Produktion, Vernetzung und Digitalisierung, hätten auch die Hochschulen für angewandte Wissenschaften in Schwaben die Anpassung der Aus- und Weiterbildung an neue Technologien bereits aufgegriffen.

Prof. Hans-Eberhard Schurk erklärt: "Dass wir noch einen Schritt weiter gehen möchten, haben wir schon in unseren Zielvereinbarungen 2014 verankert. Wir wollen Vernetzung und Digitalisierung nicht losgelöst betrachten, sondern wollen Aus- und Weiterbildung auch an neue praxisorientierte Bedürfnisse der Menschen anpassen. So kann unser Verständnis von Studium 4.0 nicht nur eine Chance, sondern ein Markenzeichen für die Region werden, weil es neben der Vernetzung und der Digitalisierung vor allem auch die Individualisierung bei gleichzeitiger Internationalisierung im Fokus hat."

Weitere Vorgehensweise im Verbundprojekt "Digital und Regional"

In den kommenden Monaten werden sich Vertreter der schwäbischen Hochschulen über die weitere Vorgehensweise verständigen und die Einstellung von Personal vorbereiten. Studieninteressierte könnten sich für das Wintersemester 2016/2017 zunächst bei den Hochschulen Augsburg und Kempten bewerben. Über die räumlichen Verankerungen des digitalen Campus Schwaben in den Teilregionen werde mit den Partnern verhandelt. In Nördlingen arbeitet die Hochschule Augsburg bereits seit 2004 sehr eng mit dem Technologie Centrum Westbayern (TCW) auf dem Gebiet des Technologietransfers und der Weiterbildung zusammen.

Am Hochschulzentrum Donau-Ries finden sich laut Prof. Schurk bereits ausgezeichnete Möglichkeiten für extramurale Betreuungsangebote im Labor- und Lernbereich. Von Seminarräumen bis hin zu Projektarbeitsplätzen sei hier alles bereits vorhanden. Die Hochschule Kempten unterhält seit März 2013 ein Technologiezentrum in Memmingen im Rahmen des Technologienetzwerks Allgäu. Eine Verknüpfung des Technologiezentrums mit berufsbegleitenden Bachelorstudiengängen wird das Potenzial der Kooperation mit der regionalen Wirtschaft deutlich steigern und Synergien zwischen projektbasierter Forschung und anwendungsorientierter Lehre schaffen.