Förderpaket

Digitalpakt Schule – Eine Experteneinschätzung zum Status Quo

Torben VonhofFrankfurt a.M., August 2023 - Der Digitalpakt Schule läuft im kommenden Jahr aus, doch ein Großteil der Budgets ist noch nicht bei den Schulen, Schüler:innen und Lehrkräften angekommen, so ein aktueller Bericht vom Deutschen Schulportal. Torben Vonhof ist Senior Channel Account Executive Education (DACH/CEE) bei Jamf und unterstützt in dieser Funktion seit vielen Jahren Bildungseinrichtungen dabei, digitale Endgeräte wie iPads und Tablets erfolgreich und sicher im Schulalltag einzusetzen und damit die Digitalisierung der Bildung voranzutreiben. Im Interview teilt er seine Einschätzung, wie es um die Initiative steht und wie man es in Zukunft besser machen könnte.

Wie ist der aktuelle Status des Digitalpakts Schule aus Ihrer Sicht einzuordnen?

Torben Vonhof: Die Zahlen aus dem aktuellen Bericht des Deutschen Schulportals sprechen da eine recht eindeutige Sprache: Von insgesamt 6,5 Mrd. Euro sind bis Dezember 2022 rund 4,1 Mrd. bewilligt und verplant und nur etwa 2 Mrd. tatsächlich abgeflossen und investiert worden. Die tatsächliche Summe aller Fördermittel liegt außerdem noch höher, bei rund 7,15 Mrd., da die Mittel des Bundes noch zusätzlich von den Ländern aufgestockt wurden.

Zudem wurden die verschiedenen Töpfe des Förderpakets sehr ungleichmäßig genutzt: Die Töpfe für das Sofortausstattungsprogramm für Schüler:innen sowie für digitale Endgeräte für Lehrkräfte sind jeweils fast komplett geleert – eine Folge der Corona-Pandemie, in der diese Geräte dringend und zeitnah gebraucht wurden, um die Fortführung des Bildungsbetriebs zu gewährleisten. Der Topf für IT-Administration ist hingegen bislang noch kaum genutzt: Von 500 Millionen Euro wurden bis Ende Juni 2022 lediglich 18 Millionen Euro ausgegeben, während ebenso nur ein Bruchteil von 116 Millionen Euro beantragt wurde.

Auch eine aktuelle Umfrage des Digitalverbands Bitkom zur Zufriedenheit der Deutschen mit dem aktuellen Stand der Digitalisierung in Schulen bestätigt, dass die Fördermittel längst noch nicht angekommen sind. Auf einer Schulnotenskala ist das Ergebnis mit 4,0 gerade mal "ausreichend" und unter den befragten Eltern von schulpflichtigen Kindern mit 4,2 sogar noch etwas schlechter. Die wichtigsten Baustellen sehen die Eltern dabei vor allem bei der technischen Ausstattung der Schulen (98 Prozent) und der Fortbildung von Lehrkräften hinsichtlich digitaler Themen und Kompetenzen (90 Prozent).

Zusammenfassend lässt sich also sagen: Abgesehen von der Ausnahmesituation der Pandemie, die eine gewisse Dynamik in manche Prozesse brachte, läuft es eher schleppend. Wenn der Digitalpakt Schule wie aktuell geplant bis 2030 verlängert werden soll, müssen gleichzeitig die momentanen Ineffizienzen und Ungleichgewichte bei der Ausstattung der Schulen mit passender Technik und der Schulung der Lehrkräfte ausgeglichen werden.

Welche Gründe sehen Sie für diese Ineffizienzen? Wo liegen die Herausforderungen?

Torben Vonhof: Eine der größten Herausforderungen ist in unserer Erfahrung das sehr langwierige und komplizierte Antragsverfahren. Als Anbieter von Lösungen rund um das Management und den Schutz digitaler Endgeräte werden wir ins Boot geholt, wenn es um die Implementierung der technischen Ausstattung geht. Deshalb haben wir dieses Verfahren bereits mehrfach gemeinsam mit unseren Partnern, die Schulen auf dem Weg der Beantragung und Umsetzung begleiten, durchlaufen. Für den Antrag muss neben einer detaillierten Aufstellung des technischen Bedarfs – beispielsweise wie viele iPads benötigt werden – vorab zudem ein technisches und pädagogisches Konzeptpapier entwickelt und dem Schulträger zur Freigabe übermittelt werden.

Das ist ein sehr hoher bürokratischer Aufwand, der in vielen Fällen zu starken Verzögerungen in der Anschaffung führt – wir reden hier von Zeitspannen zwischen einem und zwei Jahren. Die Folgen sind Frustration bei Schüler:innen und Lehrkräften, vor allem wenn der Erfolg oder sogar die bloße Machbarkeit bestimmter Unterrichtskonzepte davon abhängt, dass die Technologie verfügbar ist.

Wie könnte man es besser machen?

Torben Vonhof: Dafür gibt es zahlreiche Beispiele. In Taiwan beispielsweise konnten innerhalb von zwei Monaten 400.000 iPads ausgegeben und mehr als 3.000 Lehrkräfte im Umgang mit ihnen geschult werden. Ähnliche Erfolgsgeschichten gibt es auch aus Singapur, Schottland und verschiedenen skandinavischen Ländern.

Aber wir müssen für Best Practices nicht zwingend in die Ferne schauen. Die Stadt Gelsenkirchen hat im vergangenen Jahr fast 27.000 iPads angeschafft und in die Schulen gebracht, so dass inzwischen alle Schüler:innen über ein personalisiertes mobiles Endgerät verfügen. Ähnlich in Bremen, dort sind es sogar 100.000 iPads, plus ein umfassendes digitales Lernangebot für die Lehrkräfte, eine starke Online-Plattform und zusätzliche Tools.

Alle diese Erfolgsgeschichten sind nur realisierbar durch ein effizientes und effektives Mobile Device Management, aber vor allem durch die umfassende Schulung der Lehrkräfte nach dem "Train the Trainer"-Prinzip – sämtliche Investitionen in die beste Technologie nützen nichts, wenn Lehrkräfte und andere Nutzer:innen nicht wissen, wie sie diese sinnvoll im Rahmen von Unterricht und Verwaltung einsetzen und managen.

Dementsprechend ist es für Bildungseinrichtungen wichtig, bei Digitalisierungsinitiativen einen zuverlässigen Partner an der Hand zu haben. Dieser kann sich um die Verwaltung und Absicherung der mobilen Endgeräte und die Schulung der Nutzer:innen kümmern und so bei Schulträger und Schulen Kapazitäten für die notwendigen logistischen und organisatorischen Prozesse freischaufeln.