SPAR-Konzern

Fachwissen exakt auf den Bedarf der Lernenden zuschneiden

Astrid DürnbergerMichael FallySalzburg, April 2022 - Seit mehr als zehn Jahren arbeitet Michael Fally in der SPAR Österreichische Warenhandels-AG mit seiner Abteilung "Digitale Aus- und Weiterbildung" an der Fortschreibung eines modernen Bildungskonzepts. Im Rahmen des LEARNTEC-Kongress spricht er – gemeinsam mit seiner Co-Referentin Astrid Dürnberger - am 31. Mai um 16.30 Uhr über "5 Länder, 5 Sprachen, 5 Gesichter: Implementierung eines LMS für 90.000 Mitarbeitende im SPAR-Konzern".

Inwiefern erzeugen standardisierte Prozesse und individuelle Lösungen ein Spannungsfeld für Lernaktivitäten?
Michael Fally: Mit über 50.000 Mitarbeitenden ist SPAR der größte private österreichische Arbeitgeber. Zählt man die Nachbarländer Nordost-Italien, Slowenien, Ungarn und Kroatien mit, so beschäftigt die SPAR Österreich-Gruppe mittlerweile insgesamt 90.000 Menschen.
Im Jahr 2020 überholt SPAR erstmals den Mitbewerber REWE und ist seither klar der Marktführer im österreichischen Lebensmittelhandel. Für das Kerngeschäft Lebensmitteleinzelhandel steht SPAR schon seit Jahren vor der Herausforderung, geeignete Mitarbeitende zu finden und zu rekrutieren.
Durch standardisierte Soll-Ausbildungs-Konzepte erwerben Aufsteiger:innen und Quereinsteiger:innen genau die Fach- und Führungskompetenz, die für die jeweilige Stelle benötigt werden. Qualitätsstandards für digitale Lernformate stellen dabei die Qualität der inhouse-produzierten Trainings sicher.

Hier steht SPAR allerdings vor einer doppelten Herausforderung:

  • Einerseits wünscht sich jede SPAR-Einheit (SPAR-Tochterunternehmen) individuelle Lösungen, die den Bedürfnissen der Einheit entsprechen.
    Beispiel: Individuelle Prozessabläufe, Urkunden, Berichte usw.
  • Andererseits sollte ein standardisiertes Soll-Ausbildungskonzept bereits erworbene Kompetenzen berücksichtigen und nicht im Gießkannen-Prinzip alle Inhalte über allen Lernenden ausschütten. Hier arbeitet SPAR momentan an einem Kompetenzen-Modell, welches es ermöglichen soll, Lerninhalte noch zielgruppengerechter zuzuweisen und Vorerfahrungen zu berücksichtigen.

Welchen Einfluss hat dieses Spannungsverhältnis auf die Lernbedarfe und auf die Lernenden?
Astrid Dürnberger: Die Lernenden wollen sich mit Lerninhalten identifizieren und das Gefühl haben, genau die für Sie passenden Lerninhalte zu erhalten, um einen gute Job zu machen.
Arbeitstechniken, Produkte und Fachwissen müssen genau auf den Bedarf der Lernenden zugeschnitten sein.
Zu dem kann es sein, dass sich Lerninhalte von SPAR (Konzernmutter) zu z.B. INTERSPAR (Hypermarkt-Tochter) unterscheiden. Lerninhalte, welche nicht auf die spezifischen Besonderheiten von Organisationeinheiten eingehen, werden nicht gut von den Lernenden angenommen.

Lassen sich die entsprechenden zusätzlichen Anforderungen technisch lösen?

Astrid Dürnberger: Die konzernale LXP Totara greift auf das Prinzip der Mandantenfähigkeit (Tenants) zurück, die es ermöglicht, in einem einzigen System unterschiedliche Einheiten autark abzubilden. Jede Einheit erhält ein eigenes Branding der Benutzeroberfläche. Somit wird auch die Identität berücksichtig, die den SPAR-Töchtern sehr wichtig ist.
Zusätzlich wird versucht, über individuelle Anpassungen den Bedürfnissen aller Einheiten im konzernalen Sinn zu entsprechen. Tiefgreifende Core-Code-Änderungen werden vermieden, da dies bei zukünftigen Updates immer Mehraufwand bedeutet und Totara sich ohnehin durch die weltweite Community rasch entwickelt. Auch mögliche Synergieeffekte werden bei neuen Entwicklungen mitberücksichtigt: Wird diese nur von einer einzigen benötigt oder von mehreren Einheiten?

Sie sprachen einmal davon, den "Köder für den Fisch attraktiv machen" zu wollen. Was hat sich an der Attraktivität in Bezug auf Lernaktivitäten geändert bzw. wie viel spezifischer müssen Lernmaterialien heute angepasst werden?
Michael Fally: Neben dem üblichen Grundrezept für ein erfolgreiches Online-Training (lebendig, explorativ, Medienvielfalt, Storytelling, Bildsprache, etc.) versucht SPAR, möglichst kleine Lernhäppchen zu produzieren, welche auch später flexibel zu kombinieren sind.
Selbstverständlich ist auch die Verknüpfung von Online und Präsenz in Form von Blended Learning (Fach- und Faktenwissen online vermitteln und in Präsenz-Seminaren mit spezifischem Wissen und Praxisbeispielen anschließend vertiefen).
Die Anforderungen bzw. die Erwartung in Hinblick auf die Aktualität der Lerninhalte ist auch stark gewachsen, dafür sorgt mittlerweile ein eigenes Redaktionsteam bei SPAR. Ohne dieses wäre es nicht möglich die rund 100 Kurse aktuell zu halten.
Der zukünftige Fokus muss wesentlich stärker auf dem "Learning on the Job" liegen. D.h. das Lernen sehr nahe am "moment of need" zu ermöglichen.