Teletherapie

ELearning in der Nachsorge adipöser Kinder

Halblech / Bad Orb, Oktober 2007 - Edmund Fröhlich ist Geschäftsführer der medinet Spessart-Klinik Bad Orb, eine Spezialklinik für Kinder und Jugendliche, die an Adipositas leiden. Gemeinsam mit e/t/s didactic media hat die Klinik ein Teletherapieprojekt zur medizinischen Nachbetreuung der Patienten gestartet. Auf der Fachtagung erläutert Edmund Fröhlich wie durch den Einsatz von eLearning in der Therapie eine nachhaltige Genesung erzielt werden soll. Einen Einblick gibt er bereits im Interview.




Herr Fröhlich, was kann man sich unter eLearning bei adipösen Patienten vorstellen?

Edmund Fröhlich: Die Patienten, die an Adipositas, also krankhaftem Übergewicht leiden, sind in der Regel fünf bis sechs Wochen stationär bei uns in der Klinik. Mit Hilfe von eLearning Technologie können wir sie künftig auch zu Hause "nachbetreuen". Das Teletherapie-Projekt ermöglicht es den Patienten und uns nach der stationären Therapie weiterhin den Kontakt zu pflegen. Damit wird das therapeutisch Erlernte über die Dauer von sechs Monaten bis zu einem Jahr gefestigt.

Ist es nicht ein Widerspruch in sich, dass man junge Menschen, die sich nachweislich zu wenig bewegen, durch ein solches Angebot noch stärker an den Computer bindet?

Edmund Fröhlich: Das ist sicherlich eine ernst zu nehmende Frage. Wir haben diese Personengruppe in unserem Buch als "Generation Chips" definiert, weil eben bei ihnen ein hoher Medienkonsum, einseitige Ernährung und Bewegungsmangel vorzufinden ist. Wir sind aber der Meinung, dass wir die Kinder dort abholen können und sollten, wo sie sind. In der Sozialarbeit gibt es dafür den Begriff der "zugehenden bzw. abholenden Sozialarbeit".


Ich denke, das ist der richtige Ansatzpunkt, denn für Kinder und Jugendliche ist der Computer ein Instrument, eine Technik, die sie im Alltag einsetzen. Wenn sie lernen sinnvoll mit dieser Technik umzugehen, dann haben wir sicherlich einen guten Schritt gewonnen.

Wie sieht es mit der technischen Kompetenz aus? Verfügen die Patienten und das Personal über die technischen Fähigkeiten dieses Angebot zu nutzen?

Edmund Fröhlich: In den letzten Jahren hat sich die Kompetenz deutlich erhöht. Man muss aber natürlich auch sagen, dass die Technik immer einfacher wurde. Jemand, der mit einem PC oder Internetzugang umgehen kann, wer eine Email schreiben oder im Internet surfen kann, der ist gewiss auch in der Lage diese Technik zu bedienen. Unsere Mitarbeiter können es allemal und sicher auch die meisten Kinder und Jugendlichen, die bei uns als Patienten sind.

Die wichtigste Frage, die sich stellt, ist, warum tun Sie das? Was kann diese Art der Nachsorge leisten, was durch bisherige Verfahren noch nicht abgedeckt werden konnte?

Edmund Fröhlich: Wir konzentrieren uns auf Patienten, die aufgrund ihres starken Übergewichts bei uns sind. Entscheidend ist, dass in den sechs Wochen des Klinikaufenthaltes ein Impuls zu einer Lebensstil- und Verhaltensänderung erfolgt. Sie lernen wie sie sich bewegen können trotz ihrem hohen Gewicht, was und wie sie essen sollen und erkennen den Zusammenhang zu den Nahrungsmitteln.

Sechs Wochen sind jedoch eine relativ kurze Zeit. Das was hier gelernt wird, lässt sich im Alltag nicht so einfach umsetzen wie im förderlichen Umfeld einer medizinisch geleiteten Klinik, weil die Lebensumstände vielleicht schwieriger sind. Die Therapieerfolge werden zu Hause oft schnell wieder verschüttet.


Wir gehen davon aus, dass wir über das Angebot der Teletherapie strukturiert mit den Patienten weiterhin in Kontakt bleiben. Durch die Selbstbeobachtung (z.B. wie viel Flüssigkeit sie zu sich nehmen, wie viel Fettpunkte sie täglich essen und wie viel oder wenig sie sich bewegen) wenden die Patienten das Gelernte immer wieder an. So können wir die Jugendlichen sechs bis zwölf Monate therapeutisch nachbetreuen und kontrollieren, ohne den erhobenen Zeigefinger einzusetzen.

Was ist Ihre Einschätzung? Wird der Rehabilitationsaufenthalt in einigen Jahren nur noch virtuell stattfinden?

Edmund Fröhlich: Nein, das wird sicher nicht der Fall sein. Ich denke, Technik, EDV und Computer sind immer nur eine Ergänzung, eine Unterstützung. Die menschliche Zuneigung, das therapeutische Gespräch sowie die Vorbildfunktion von Eltern einerseits und Therapeuten sowie Pädagogen andererseits werden durch die moderne Technik sicherlich nicht ersetzt. Ich gehe davon aus, dass sich die Verweildauer in Klinik oder Reha-Einrichtung künftig weiter verringert und vielleicht auch Intervall-Angebote stattfinden.


So könnte der Klinikaufenthalt im ersten Schritt vier oder fünf Wochen betragen, darauf folgt ein halbes Jahr bis hin zu einem Jahr die teletherapeutische Nachbetreuung zu Hause. Im Anschluss daran findet, als eine Art Auffrischung, noch einmal ein Klinikbesuch von ein bis zwei Wochen statt. Da wird sicher die Reise hingehen, aber ein Ersatz kann die "virtuelle Reha-Klinik" nicht sein, lediglich eine Ergänzung zum Bisherigen.