Data Literacy

Mit Gamified Learning den Daten auf die Sprünge helfen

Isabelle KranabetterBerlin, Mai 2024 – "Datenkultur ist der Nährboden, auf dem Data Literacy und Business-Strategie in einer Organisation zusammenwachsen können. Durch eine starke Datenkultur schafft eine Organisation das Umfeld, in dem die eingesetzten Technologien sowie die Data Literacy der einzelnen Mitarbeitenden ihre Wirkung entfalten können.“, sagt Isabelle Kranabetter und widmet sich auf dem LEARNTEC-Kongress am 4. Juni um 16.30 Uhr dem Thema "Gamified Learning im Datenkontext: Datenkultur und -kompetenz gemeinsam aufbauen".

Im Rahmen des LEARNTEC-Kongresses sprechen Sie zu Gamified Learning im Datenkontext. Wie definieren Sie in diesem Zusammenhang Datenkultur und -kompetenz?

Isabelle Kranabetter: Datenkompetenz und –kultur gehören zusammen. Ohne die nötige Kultur - also das allgemeine Bewusstsein für die Relevanz von Daten und Praktiken dafür, sie als Unternehmenswert zu pflegen und einzusetzen – können einzelne datenkompetente Mitarbeitende ihre Fähigkeiten nicht einsetzen.

Eine weitere Beschreibung von Datenkultur, die mir gut gefällt ist sehr anschaulich: eine Organisation hat eine ausgeprägte Datenkultur, wenn nicht die Meinung der höchstbezahlten Person allein ausschlaggebend ist, sondern eine Praktikantin mit überzeugenden Datenargumenten eine Entscheidung beeinflussen kann.

Datenkompetenz an sich ist rollenabhängig. Sie sollte in Führungsrollen zu strategischen Entscheidungen beitragen, indem Entscheidungen nicht allein nach Gewohnheit oder Erfahrung getroffen werden, sondern auch Daten diese stützen. In sehr reifen Organisationen ist es beispielsweise gängig, ein Geschäftsszenario nicht nur auf Euro-Basis zu berechnen, sondern auch das Datenpotenzial miteinfließen zu lassen: Wenn Daten als Unternehmenswert gesehen werden, kann z.B. eine potenzielle Partnerschaft, die Zugang zu strategischen Daten ermöglicht, ein anderes Gewicht erhalten.

Bei Mitarbeitenden heißt Datenkompetenz auch je nach Rolle Unterschiedliches: wenn ich beispielsweise Daten lediglich erfasse, sollte ich zumindest eine grundsätzliche Awareness für Datenqualität haben. Viele Daten in Unternehmen sind fehlerhaft oder 'kryptisch' – Abteilungen arbeiten in Silos und haben eine Sprache für ihre Daten, die nur für sie verständlich ist. Gut bezahlte Datenprofis investieren bis zu 80% der Arbeitszeit auf die Datenbereinigung, bevor sie mit Datenanalysen wirklichen Wert schaffen können.

Welche Ziele lassen sich für Unternehmen daraus ableiten oder ansteuern?

Isabelle Kranabetter: Wenn ein Unternehmen in Datenkompetenzen investieren möchte und das Ziel hat, wirklich Mehrwert für das Geschäft zu erzeugen, muss ein Programm auch auf Kulturentwicklung zielen. Ein Lernen, Üben und Anwenden gemeinsam mit den Kolleg:innen ist wirklich entscheidend. In den gamifizierten Simulationen lernen die Teilnehmenden Datenkonzepte oder Anwendungsfälle kennen.
Sie spielen aber auch gemeinsam an einem konkreten Fall durch, wie sie mit Daten ihre Ziele besser erreichen: Beispielsweise, wie mehr Neukund:innen durch eine individualisierte Marketingkampagne für verschiedene Zielgruppen gewonnen werden. Und es geht darum, wie sie gemeinsam gut dafür zusammenarbeiten.
Aus dem Vertrieb werden Informationen dazu gebraucht, woher die jeweiligen zahlenden Kund:innen vom Angebot erfahren haben. Daraufhin kann das Marketing entscheiden, wen es auf welchem Kanal (Social Media, andere Werbeträger etc.) anspricht. Sind für den Vertrieb selbst diese Informationen nicht relevant, hat er sie womöglich auch nicht erfasst – und das Marketing kann erstmal keine solche Kampagne aufsetzen.
Wir müssen also über unsere Abteilungsgrenzen hinweg zusammenarbeiten und Absprachen darüber treffen, wer welche Daten erhebt und in welcher Form wir sie brauchen. Dafür ist eine globalere Perspektive nötig, die eine Simulation vermitteln kann, weil wir Handlungsdynamiken oder die Konsequenzen von schlechten Daten im Unternehmen sehr eindrücklich erleben können.

Für welche Unternehmen kommt ein solches Vorgehen in Frage? Was sind die elementaren Voraussetzungen?

Isabelle Kranabetter: Grundsätzlich eignet sich diese Simulationen / Gamified Learning im Datenkontext für alle Unternehmen. Denn selbst, wenn ich keine fortgeschrittenen Datenanalysen anwende, muss ich auf Datenschutz und –sicherheit achten und möchte die Zeit, die ich schon beim Reinigen von Daten für einfache Berichte verliere, einsparen.

Allerdings ist es immer sinnvoll, wenn das Management sich zuerst weiterbildet, da es die Frage beantworten sollte: 'Was wollen wir mit den Daten erreichen?' Eine Datenstrategie ist in jedem Unternehmen hilfreich. Dann ist auch klar, bei welchen Stakeholdern, welchen Kompetenzen, Daten und Prozessen etc. ein Weiterbildungs- und Organisationsentwicklungsprogramm ansetzen sollte, um die Geschäftsziele zu unterstützen.

Fürs Management selbst geht es oft darum, zu verstehen, dass sie erst eine solide Datenbasis schaffen müssen, bevor die Potenziale von Analysen und KI im Speziellen geschöpft werden können – und zu lernen, wie sie diesen Prozess der Organisations- und kompetenzentwicklung unterstützen können.

Welche Erfahrungen haben Sie mit diesem Konzept bereits gemacht?

Isabelle Kranabetter: In größeren Unternehmen ist in der Regel eine Daten-Infrastruktur und eine Strategie vorhanden, nicht aber automatisch auch eine Datenkultur. Je nach Unternehmenstyp und –geschichte gibt es auch unterschiedliche Herausforderungen bei der Datenkultur. Die Simulation dient auch für eine Bestandsaufnahme dazu – sie macht das abstrakte Thema für die Teilnehmenden erlebbar und besprechbar, weil die Teilnehmenden ihre eigenen Schmerzpunkte hier wiedererkennen.
Je nachdem, was die Herausforderungen sind, braucht es bestimmte neue Praktiken und Kompetenzen. Eine Kundin hat mir auch zurückgemeldet, dass die Mitarbeitenden nach unserem Workshop das Simulationsspiel im Alltag jetzt als eine Art neutrale Referenz nutzen. Sie haben gemeinsam erlebt, wie eine gute Zusammenarbeit bezüglich Daten aussehen sollte und sich darauf verständigt. Bei Herausforderungen können sie sich jetzt ohne 'Fingerpointing' auf die gemeinsame Erfahrung im Simulationsworkshop beziehen.