"Diffuse Vorstellung, man würde schneller"
Freiburg, Mai 2020 - Oft folgt die Nutzung agiler Methoden einer diffusen Vorstellung, dass Agilität der Schlüssel zur Lösung aller Probleme ist, so die Erfahrung des Management- und Organisationsberaters Prof. Thomas Schumacher. Thomas Schumacher ist Professor für Organisation und Führung an der katholischen Hochschule Freiburg. Er ist Partner des Beratungsunternehmens osb international sowie Lehrbeauftragter und Leiter Forschungsprogramm Systemisches Management am Institut für Systemisches Management und Public Governance an der Universität St. Gallen, Schweiz.
Was sind in der Regel die Motive, dass Organisationen agile Methoden im Projektmanagement einsetzen?
Prof. Thomas Schumacher: Die Motive zur Einführung von agilen Methoden im Projektmanagement sind sicher vielfältig. Verkürzt gesprochen kann man es vielleicht auf zwei Aspekte reduzieren: einige Organisationen bauen bei der Einführung auf die Erfahrungen aus dem IT Bereich auf und nutzen die dort eingeführte Praxis in anderen Bereichen. Andere folgen einer vielleicht etwas diffusen Vorstellung, man würde dadurch schneller, besser, wirksamer, die durch die große Aufmerksamkeit um das Thema Agilität derzeit entsteht.
Wie wirksam ist der Einsatz von Design Thinking & Co. zur Weiterbildung bzw. Entwicklung von Mitarbeitenden?
Prof. Thomas Schumacher: Methoden wie das Design Thinking enthalten natürlich wesentliche Elemente agilen Vorgehens wie zum Beispiel das iterative Arbeiten oder auch den starken Fokus auf dem Nutzer. Das bedeutet: aus der Kenntnis solcher Methoden kann durchaus eine Vorstellung entstehen, die Unternehmen und Mitarbeitende dabei unterstützt ihre eigenen agilen Arbeitsweisen (weiter) zu entwickeln.
Welche agilen Methoden sind aus Ihrer Erfahrung denn besonders leicht einsetzbar und damit für Entwicklungsprozesse "praxistauglich"?
Prof. Thomas Schumacher: Das hängt sehr vom jeweiligen Thema ab. Im IT Kontext hat sich z. B. Scrum als sehr hilfreiche Methode mittlerweile stark etabliert. In kreativen Kontexten ist das bereits genannte Design Thinking ein weit verbreiteter und vielfach sinnvoller Ansatz. Es ist eine Methode, die vor allem dann eingesetzt werden sollte, wenn es um die Entwicklung von innovativen Lösungen geht. Dazu sollte ein konkreter Nutzen adressiert werden können auf den hin neue Lösungen entwickelt werden. Damit ist Design Thinking ein gutes Beispiel für die Anwendungskontexte in denen agile Methoden sinnvoll sind. Oder anders gesagt: Agile Methoden können insbesondere dann einen Mehrwert bringen, wenn es um eine ergebnisoffene Problemlösungserarbeitung für einen Kunden oder Nutzer geht.
Kommen wir zu den Anwendern: Mit welchen Argumenten kann man Menschen für agiles Arbeiten gewinnen?
Prof. Thomas Schumacher: Ich denke, das kommt sehr auf die jeweiligen Voraussetzungen an. Beispielsweise kann die Einführung von Scrum, wenn sie von einem Scrum Master gut unterstützt wird, die Projektmitarbeiter sehr viel effektiver und wirksamer arbeiten lassen. Mitarbeitende, die kreativ an Problemlösungen arbeiten und sich dabei auch selber organisieren möchten, finden in agilen Ansätzen sicherlich die Möglichkeit, sich selbst stärker zu verwirklichen. Allerdings verlangen solche agilen Arbeitsformen auch mehr von jedem einzelnen ab, wenn es zum Beispiel um deren Mitwirkung, Konfliktfähigkeit und Organisation geht.