Stromfresser Avatar

Internet produziert so viel CO2 wie Flugverkehr

Berlin, Oktober 2007 - Die Zahl der Internet-Nutzer nimmt weiter zu, und auch die Datenflut ist ungebrochen. Bis 2010 soll sich die Menge der jährlich produzierten digitalen Daten nach einer Schätzung des Marktforschungsinstituts IDC auf 988 Exabyte versechsfachen, das sind 988 Milliarden Gigabyte. Entsprechend weit reichende Initiativen sind notwendig, um den Beitrag der IT-Branche zur globalen Erwärmung einzudämmen, denn derzeit produziert sie so viel CO2 wie der weltweite Flugverkehr.




"Ich sehe da im Moment kein Ende", fürchtet Dietlinde Quack vom Freiburger Öko-Insitut. "Ich kann Filme vom Netz laden. Ich wecke damit auch Bedürfnisse. DSL war am Anfang revolutionär schnell, und heute kann es einem passieren, dass auch da das Netz steckt wie bei einem normalen Telefonmodem vor fünf oder sechs Jahren."


Alle vier Monate verdoppelt sich die Datenmenge im Netz; Videoportale wie "YouTube" produzieren so viel Datenverkehr wie das gesamte Internet zwei Jahre vor seinem Großwerden. Eine Anfrage bei einer Suchmaschine wie "Google" verbraucht den Strom, der eine Energiesparlampe eine Stunde lange versorgen könnte.


Britische Forscher schätzen, dass der Stromverbrauch des Internets so viel Kohlendioxid freisetzt wie der Flugverkehr weltweit. "Man geht davon aus, dass 20 Großkraftwerke mit einer Leistung von einem Gigawatt notwendig sind, um das Internet mit seinen Rechenzentren zu betreiben", so Quack.


Kein Wunder, dass hier ein großes Potenzial für effizienteren Stromverbrauch ausgemacht wird. "Schlecht geschriebener Code ist ein Klimakiller," erklärt der Chef des zweitgrößten Web-Hosters in Europa, Strato. Denn wenn der Prozessor wegen komplizierter Software-Befehle mehr arbeiten muss als nötig, wird entsprechend mehr Strom verbraucht.


"Wir haben durch schlecht geschriebene PHP-Skripte eine hohe Ressourcenbelastung", sagt Schmidt. Schlechter HTML-Code, umständliche Skripte und nicht gepflegte Datenbanken verlängern die Ladezeiten von Webseiten. Daher sollten Inhalt und Layout mit Hilfe von CSS sauber voneinander getrennt werden. Bilddateien sollten so klein wie möglich gehalten werden.


In MySQL-Datenbanken sollten überflüssige Daten entfernt werden, um die Zugriffszeiten kurz zu halten. Zu einer derart verstandenen Web-Hygiene gehört auch, dass Multimediale-Elemente zurückhaltend und nur dort eingesetzt werden, wo sie wirklich sinnvoll sind.


Nun haben sich Intel, Microsoft, Google und Co zu einer "Computing-Initiative der Klimaschützer" zusammengeschlossen. Doch der Internet-Dienstleister Strato geht einen eigenen Weg. Das Unternehmen will bis 2008 seine 43.000 Server komplett auf Strom aus Wasserkraft umstellen. "Wir wollen null Emission", sagt Schmidt. Strato habe deswegen seinen Liefervertrag mit dem bisherigen Versorger "EnBW" gekündigt und einen neuen Vertrag mit der "NaturEnergie AG" geschlossen, die ihren Strom in Wasserkraftwerken am Hochrhein erzeugt.


"Es ist eine gute Sache, wenn mehrere Akteure sich hier zusammenschließen und überlegen, was sie verbessern können. Aber es reicht nicht aus: Man muss da auch von rechtlicher Seite Grenzen für den Energieverbrauch setzen oder eine Kennzeichnungspflicht einführen, damit der Verbraucher sehen kann, was er kauft." Mobile Geräte sparen grundsätzlich Energie, weiß Quack: "Sie sollen ja mobil nutzbar sein. Sie sind energetisch optimiert, damit die Akkuleistung entsprechend lange hält. Notebooks verbrauchen nur 70 Prozent der Energie wie ein gleich leistungsfähiger Desktoprechner."


Der Nutzer sollte auf Ökostrom umstellen, den Computer auch mal abschalten, die Hintergrundbilder schlicht halten und keine billigen Endgeräte einsetzen. "Ein Avatar im Second Life verbraucht im Jahr 1700 Kilowattstunden - das ist genau der Verbrauch, den ein privater Einpersonenhaushalt an Strom benötigt", sagt Dietlinde Quack.