Erfahrung

Einsicht in die Praxis einer Tutorin

Furtwangen, Juli 2005 - "Geschlechtshomogene Gruppen lernen besser", das ist zumindest die Ansicht von Ulrike Ernst, Tele-Tutorin an der tele-akademie der FH Furtwangen. Im Gespräch berichtet die nebenberufliche EDV-Lehrbeauftragte an der Hochschule Niederrhein und dem Studieninstitut Hagen, welche TeilnehmerInnen besonders anspruchsvoll sind und was ihres Erachtens eine gute Online-Betreuung ausmacht.




Sie sind seit 2002 Tutorin in dem Online-Kurs Experten für Neue Lerntechnologien an der tele-akademie der FH Furtwangen. Was macht Ihnen besonders Spaß an der tutoriellen Betreuung?


Ulrike Ernst:
Die virtuelle Kommunikation und die Steuerung dynamischer Gruppenprozesse. Außerdem gefällt mir der zeit- und ortsunabhängige Kontakt mit den TeilnehmerInnen rund um den Globus. Ich hatte einmal sogar einen Teilnehmer in Nepal. Das verschafft spannende Einblicke in unterschiedlich geprägte Lernkulturen.


Was macht Ihrer Meinung nach eine gute Online-Betreuung aus?


Ulrike Ernst:
Das eine ist dezidiertes Feedback zu geben. Dies ist aus meiner Sicht übrigens auch eine Anforderung an die TeilnehmerInnen: den TutorInnen dezidiertes Feedback zu geben. Nur so können beide Seiten konstruktiv voneinander lernen.


Ein weiterer Aspekt ist, innerhalb kürzester Zeit auf Fragen einzugehen. Ich denke hier tatsächlich an einen Zeitrahmen von 24 Stunden. Auch sollten die TutorinInnen nachhaken, wenn sich TeilnehmerInnen zwei bis drei Tage scheinbar grundlos nicht erkennbar melden (häufig wird schlicht vergessen, eine berufsbedingte Abwesenheit mitzuteilen). Onlinekurs-Teilnehmer müssen das Gefühl haben, zeitnah betreut zu werden. Gerade beim eLearning ist sonst die Gefahr groß, dass Teilnehmer sich anonymisiert und sozial isoliert fühlen.


Ganz wichtig ist auch klärend einzugreifen: Missverständnisse ausräumen und Sachverhalte auf den Punkt bringen. Insbesondere in Chats ist zu beobachten, dass schnell aneinander vorbeigeredet wird. Diese Situation kann man zuweilen auch zulassen. Ein tutoriell unmittelbares Eingreifen verhindert sonst ggf. wesentliche Lernprozesse für die Teilnehmenden. Als TutorIn sollte man eine solche Situation, nicht einzugreifen, aushalten können, um den konstruktivistischen Lernprozess zu unterstützen.


Aber daraus kann doch auch eine negative Dynamik entstehen.


Ulrike Ernst:
Das stimmt. Man muss den richtigen Zeitpunkt erkennen, wann man eingreifen muss. Meine TeilnehmerInnen fragen sich manchmal, warum hat sie hier nicht eingegriffen? Doch dann werden sie selbst aktiv. Und genau das gehört zu einem erfolgreichen konstruktivistischen Lernprozess.


Gibt es eine bestimmte Art von TeilnehmerInnen, die Sie besonders gerne betreuen?


Ulrike Ernst:
Ja die gibt es. Ich bevorzuge geschlechtshomogene Gruppen, also reine Männer- oder Frauengruppen. Dies bedeutet keinesfalls, dass geschlechtsheterogene Gruppen schwieriger sind. Jedoch ist aus meiner Sicht die Kommunikation in heterogenen Gruppen anders. Zum einen findet vordergründig geschlechtsspezifisches verbal-Geplänkel statt. Zum anderen beeinflusst dann ein in unseren Köpfen immer noch vorhandenes Rollenverständnis den Lernprozess: Männer übernehmen - ganz automatisch - die Führung in der Gruppe. Qua Gender wird ihnen seitens der TeilnehmerInnen unbewusst fundierte(re)s Wissen zugeordnet. Grundsätzlich ist meine Erfahrung, dass homogene Gruppen sach- und zielorientierter kommunizieren.


Beeinträchtigt das den Lernerfolg?


Ulrike Ernst:
Wie ich schon sagte - der Lernprozess wird beeinflusst und kann dadurch verlangsamt werden.


Welche TeilnehmerInnen fordern Sie besonders heraus?


Ulrike Ernst:
Zum Beispiel ältere TeilnehmerInnen. Je älter die TeilnehmerInnen sind, desto anspruchsvoller sind sie in unterschiedlicher Hinsicht. Ich würde es nicht unbedingt eingefahren nennen, aber sie verfügen aufgrund ihres Lebensalters natürlich über einen gewissen Background. Diesen müssen sie bereit sein loszulassen und zu hinterfragen. Sie müssen bereit sein, neue Betrachtungsweisen zuzulassen.


Eine weitere Herausforderung sind Lernernde, die bereits selbst im eLearning tätig sind. Es gibt darunter TeilnehmerInnen, die den Kurs sehr positiv angehen. Andere wiederum sind sehr kritisch. So kann man durchaus mit der Haltung konfrontiert werden : "Ihr könnt mir gar nichts Neues beibringen."


Ebenso sind auch junge TeilnehmerInnen durchaus herausfordernd. Für sie ist vieles neu und überraschend.


Sind aber nicht gerade diese TeilnehmerInnen, wie es immer so schön heißt, besonders fitt mit den neuen Medien?


Ulrike Ernst:
Das ist ein Mythos. Junge Leute sind selten so versiert in der Online-Kommunikation wie wir annehmen. Wir denken, dass die für die Online-Kommunikation notwendigen Kompetenzen vorhanden sind. Tatsächlich jedoch finden wir häufig Halbwissen vor. Wir sind doch letztlich alle immer noch selfmade hinsichtlich der modernen Technik.


In den Schulen und Hochschulen wird bis zum heutigen Tag nur bedingt das notwendige Wissen vermittelt. Und das in jeder Hinsicht: Chat, Foren und auch der Einsatz anderer Tools wie z.B. Word betreffend. Ein klassisches Beispiel ist für mich die Vergabe von Dateinamen. Kann eine Datei nicht geöffnet werden, erkennen TeilnehmerInnen nur in seltenen Fällen, dass dies am vergebenen Dateinamen liegen kann. Es fehlen schlicht die Grundkenntnisse im Umgang mit den modernen Medien. Das behindert die TeilnehmerInnen natürlich. Hier ist dann mein Hintergrundwissen als EDV-Trainerin für die Betreuung nützlich.


Was war Ihre bislang kurioseste Begebenheit beim Online-Lernen?


Ulrike Ernst:
Zum Ende eines Kurses sagte eine Teilnehmerin, sie habe mehr gelernt als sie eigentlich wollte. Erst einmal war ich verdutzt. Dann jedoch dachte ich : das ist doch prima ! Besser kann es gar nicht für alle Beteiligten kommen.


Abschließend noch ein Wort zur tele-akademie. Sie betreuen schon sehr lange Teilnehmer der tele-akademie. Was ist das besondere des Online-Lehrens an der tele-akademie?


Ulrike Ernst:
Die tele-akademie ist ein absolut seriöses und hoch qualifiziertes Unternehmen - auch im Vergleich zu vielen anderen Anbietern, die ich kennen gelernt habe. Als Tutorin werde ich in jeder Hinsicht unterstützt. Z.B. bei Fragen zum Kursverlauf, oder auch Absprachen mit der Kursleitung betreffend. So wie die TeilnehmerInnen es von mir erwarten, so bekomme auch ich innerhalb von 24 Stunden eine Rückmeldung. Der Ablauf stimmt und der technische Support ist 100 Prozent.


Was reizt Sie am Kurs Experte/Expertin für Neue Lerntechnologien?


Ulrike Ernst:
Ich habe selbst diese Ausbildung gemacht und kann mich damit voll identifizieren. Der Kurs ist sowohl von den Inhalten als auch hinsichtlich der Aufgabenstellungen sehr reizvoll. Ich finde es spannend jedes Mal neu zu erleben, wie die TeilnehmerInnen die Inhalte aufnehmen. Bei den Aufgaben kommt jedes Mal etwas Neues heraus. Z.B die letzte Gruppenaufgabe - hier geht es darum, ein Konzept für eine Weiterbildung auszuarbeiten und beispielhaft umzusetzen. Auch TeilnehmerInnen mit wenig Kenntnissen die technische Realisierung betreffend liefern mit einfachen Mitteln überzeugende Ergebnisse ab.


Auch schätze ich das Engagement der TeilnehmerInnen. Bisher treffe ich, glücklicherweise, immer auf hoch motivierte Kurs-Teilnehmende. Hier macht sich sicherlich bemerkbar, dass viele von ihnen die Teilnahme aus eigenen Mitteln finanzieren. Im Vergleich dazu sind beispielsweise meine TeilnehmerInnen in der Präsenzlehre an der Hochschule eher desinteressiert und demotiviert.