Lern­skript

Barrierefreies eLearning bei der Allianz AG

München/Aachen, Mai 2014 - Barrierefreie eLearning-Angebote für die berufliche Weiterbildung sind noch Mangelware. Digitales Lernen für den Beruf findet in barrierefreier Form jedoch schon in einzelnen Betrieben statt. Die Allianz AG zum Beispiel hat ein solches Angebot für ihre Belegschaft maßschneidern lassen. Der Versicherungs­konzern wurde für sein barrierefreies, inter­aktives Lern­skript zum Thema Sach­versicherung ausgezeichnet.

Andreas Müller arbeitet bei der Allianz. Er muss sich für den Job immer wieder weiterbilden. Dazu stellt die Firma ihren Mitarbeitern inter­aktive Lern­skripte zur Verfügung. Bis vor Kurzem konnte Andreas Müller die allerdings nicht nutzen: Er ist blind – und das firmeneigene eLearning-Material war nicht barrierefrei. Das hat sich jetzt geändert: Die Hürden für blinde, sehbehinderte, hörgeschädigte oder gehörlose Beschäftigte wurden abgebaut.

Etwa ein halbes Jahr hat die Allianz mit der Firma Inside aus Aachen, einem Dienst­leister für eLearning-Angebote, daran gearbeitet. Müller freut sich: "Die Möglich­keit, mich barrierefrei fort­zubilden, gab es vorher nicht. Nun kann ich eigen­ständig lernen. Das geht so: Mein Computer spricht mit mir. Über die Sprach­ausgabe, den Screenreader, werden mir Texte vorgelesen und Grafiken, Tabellen und Schau­bilder akustisch erklärt." Mit dem Skript komme er gut zurecht, und das Lernen mache Spaß.

Mit dem preis­gekrönten Lern­skript können sich Mitarbeiter Fachwissen selbst­ständig erarbeiten, in Lern­einheiten von zehn bis zwanzig Minuten Dauer. "Das Lernen soll motivieren und Freude machen", sagt Inside-Geschäfts­führer Patrick Blum. Deshalb wurde auf Abwechs­lung Wert gelegt: Es gibt Texte, Grafiken, Animationen und viele praxis­nahe Elemente, Übungen sowie Aufgaben zur Erfolgs­kontrolle. Jeder kann lernen, wo und wann, so schnell, oft und lange er will.

Das Skript ist so konzipiert, dass es sowohl von Menschen mit als auch von solchen ohne Handicap genutzt werden kann. Die Lernziele sind die gleichen, nur die Hand­habung unterscheidet sich. Seit das Lern­skript barrierefrei ist, kann es zum Beispiel allein über die Tastatur gesteuert werden, alle Abbildungen haben alternative Beschreibungen, die mit Worten erklären, was im Bild zu sehen ist.

"Das System erkennt, ob das Programm über ein Hilfs­mittel wie den Screenreader angesteuert wird und schaltet auto­matisch auf den barrierefreien Modus um", erklärt Michaela Hagmeyer, Abteilungs­leiterin der Allianz Innen­dienst Akademie. Das baue Hemmschwellen ab, niemand müsse extra bei der Personal­abteilung den Zugang zum barrierefreien eLearning erbitten. "Mein Ziel ist: Alle Mitarbeiter sollen an den Qualifizierungen teilnehmen und sich im Job weiter­entwickeln können", sagt sie.

Es gibt schon weitere Projekt­ideen: Als Nächstes stehen webbasierte Trainings und interaktive Lernkarten auf dem Programm. Dafür arbeitet Hagmeyer weiter mit Inside zusammen. Die Firma mit 68 Mitarbeitern erstellt eLearning-Programme, seit neuestem auch barrierefrei. Sich in einen Menschen mit Handicap hinein­zudenken und zu über­legen, was er brauche, damit er eLearning für den Beruf nutzen könne, sei eine Heraus­forderung gewesen, erklären Hagmeyer und Blum unisono. Beide haben durch das Projekt neue Einsichten gewonnen und das Thema barrierefreie Bildung für sich entdeckt. "Es ist wichtig, der Markt existiert auch, nur die Angebote sind gering. Wir machen auf jeden Fall weiter", sichert Patrick Blum zu.