Praxistransfer

SAP-Arbeitskreis thematisiert Nachhaltigkeit von eLearning

Karlsruhe/Walldorf, Februar 2010 - (von Kirsten Seegmüller) Nachhaltiges Lernen besteht - gemäß der Definition des SAP-Arbeitskreises - darin, Content gezielt bei Bedarf abrufen und reibungslos in die Praxis umsetzen zu können. Auf der LEARNTEC zeigte der SAP-Arbeitskreis Qualifizierung und Training der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe (DSAG), wie konkrete Modelle aussehen könnten.




Technik und Bildung stehen sich in ihrem Zeitgefühl diametral gegenüber: "In der IT-Projektarbeit muss alles sehr schnell gehen", erklärt Klaus Kräft, SAP-Betreuer der Arbeitsgruppe Qualifizierung und Training, "pädagogische Arbeit und Aufbau von Wissen verlaufen dagegen langsam." Beim eLearning gilt es, diese beiden Bereiche miteinander zu verbinden. Nachhaltigkeit beim Lernen besteht für ihn nicht nur in der Kostenreduktion durch die Widerverwendbarkeit von Tools und Content, sondern in einem dauerhaften Lernerfolg.


ELearning ist per se aber noch nicht nachhaltig. Dazu müsste Content bei Bedarf zur Verfügung stehen und ein reibungsloser Transfer in die Praxis gewährleistet sein. Bisher wird jedoch immer noch zu häufig "auf Vorrat" qualifiziert. "Was man vor einem Jahr gelernt hat, hat man schon wieder vergessen", findet Sebastian E. Grodzietzki, Head of Product Management beim SAP-Dienstleister Datango. Oder das Gelernte ist bereits veraltet. "Nachhaltigkeit bedeutet, dass man die Lerninhalte bei der Arbeit einsetzt und dadurch nicht vergisst."


Für Grodzietzki gehört zum nachhaltigen Lernen ein guter Performance Support. "Der sorgt für eine hohe Akzeptanz bei den Usern", beobachtet er. Bei Bedarf werden Wissensbissen vermittelt oder wiederholt. "Das ermöglicht die Wiederverwendung von Inhalten über den ganzen Projektlebenszyklus hinweg."


Durch die automatisierte Prozessaufzeichnung kann jeder nachschauen, wie ein bestimmter Arbeitsschritt vonstatten geht. Die Lerneinheiten sind in den Arbeitsprozess integriert, und durch das Recording und Re-Recording der einzelnen Schritte lässt sich der Content leicht und schnell verändern. "Dadurch sind die Inhalte immer aktuell", so Grodzietzki.


Wie wichtig nachhaltiges Lernen ist, zeigt das eindrückliche Beispiel des Unternehmens RWD. Nach dem Störfall im Kernkraftwerk Harrisburg im Jahr 1979 erhielt Robert W. Deutsch den Auftrag, die Mitarbeiter nachhaltig zu schulen, um die Gefahr menschlichen Versagen zu reduzieren. "Beim nachhaltigen Lernen geht es um eine neue Denkweise", betont Karim Abou Alam, Manager Presales & Product Consulting bei RWD. Performance Support ist auch in seinen Augen ein wichtiger Baustein, denn hier liege der Fokus auf dem Zweck. "Das erfordert den höchsten Grad an Eigenmotivation und Eigenverantwortung, ist aber am nachhaltigsten." Auch eine kooperative Lernumgebung fördere den Lernerfolg. Dementsprechend könne Software nicht nachhaltig sein, sondern nur Prozesse und organisatorische Maßnahmen.


Alexander Gassmann, Vertriebsleiter von TTS, will durch nachhaltiges Lernen vor allem erreichen, dass Produktivitätslücken bei Change-Management-Projekten verkleinert werden. "Dazu braucht aber nicht jeder Mitarbeiter dieselben Inhalte." Heute benötigen manche Mitarbeiter von einer dreitägigen Schulung nur einen Tag, es fehlt aber ein halber Tag mit Inhalten, die gar nicht angeboten werden. Das TTS-Konzept sieht vor, dass 70 Prozent als angeleitetes Training vermittelt werden - je 35 Prozent in Präsenz und online - und die verbleibenden 30 Prozent der Inhalte on-demand selbstgesteuert erworben werden.


Für das Selbstlernen haben die Mitarbeiter Zugriff auf einen großen Pool an Lernobjekten, die sie individuell abrufen können. "Dadurch lernen die Mitarbeiter nur das, was sie tatsächlich benötigen, und die Inhalte müssen nur an einer Stelle aktualisiert werden", so Gassmann. Das verhindert die Entstehung von Redundanzen und Content unterschiedlicher Versionen. Dieses Wissen in der Praxis anzuwenden sei der wichtigste Teil des Transferprozesses: "Wenn Lernen und Arbeiten nicht verknüpft sind, wird das Potenzial nicht genutzt."


Im Arbeitsalltag der Unternehmen werde nachhaltiges Lernen noch viel zu wenig eingesetzt, findet Angelika Bäumer, Regional Managerin Central Europe bei Assima. "Oft reichen die Bildungsbudgets nur bis zum Go-Live, selten darüber hinaus", lautet ihre Kritik, "die Key User sind überlastet und ziehen sich ins Alltagsgeschäft zurück." Außerdem stünden viele Inhalte nach dem Go-Live nicht mehr zur Verfügung.


Nachhaltigkeit beinhaltet für sie die Gelegenheit zur Übung, Vertiefung und Auffrischung von Inhalten. Außerdem müssen die Lerneinheiten das reale System abbilden, jederzeit verfügbar sein und ohne Trainingssystem auskommen. "Mitarbeiter brauchen keine kontextbezogene, sondern eine situationsbezogene Hilfe", so ihr Rat. Daher sollte eine Trainingseinheit keine Abbildung, sondern ein Klon des realen Systems sein. "So bekommen die Anwender den Eindruck, sie seien im SAP-Live-System."


Die "Arbeitsgruppe Qualifizierung" trifft sich wieder am 15. und 16. April 2010 in München.