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Scharf auf's E-Label: Studierende bedrängen Professoren

Darmstadt, März 2010 - (von Prem Lata Gupta) In puncto eLearning gehört die TU Darmstadt zu den Pionieren in der deutschen Hochschullandschaft. Qualitätsbewusstsein nimmt auch dabei einen hohen Stellenwert ein. Die Hochschule vergibt ein E-Label, aber auch ein Gütesiegel. Anika Hartmann, stellvertretende Leiterin des eLearning Centers, erklärt den Unterschied und was Studierende heute ihren Professoren abverlangen.




Der Außenstehende ist verwirrt: An der TU Darmstadt wird ein E-Label und ein eLearning-Gütesiegel vergeben. Wofür steht das eine bzw. das andere?

Anika Hartmann: Das Label ist unsere interne Messlatte für eigene eLearning-Veranstaltungen der Universität. Dafür müssen mindestens sechs von elf Kriterien erfüllt sein, von Technik über Tools bis hin zu Didaktik. Das ist nicht einfach: Insofern stellt das E-Label eine echte Auszeichnung auch für Dozierende dar. Das Gütesiegel wiederum ist schon eine Art Geschäftsmodell: Anbieter von Lernsoftware aus der freien Wirtschaft können sich CBTs oder WBTs von uns zertifizieren lassen.

Wer bekommt das E-Label?

Anika Hartmann: Das sind Dozierende, die das E-Label beantragen und vorab festlegen, welche eLearning-Kriterien sie erfüllen wollen. Dann hat eine Veranstaltung zunächst dieses Zertifikat - aber das sind Vorschusslorbeeren. Am Ende des Semesters findet eine Evaluation statt. Die Studierenden erhalten Online-Fragebögen, wir führen persönliche Gespräche. Und dann stellt sich heraus, ob die ursprünglich gesteckten Ziele erreicht wurden. Falls nicht, wird das Konzept überarbeitet und das E-Label kann neu beantragt werden.

Womit tun sich denn Dozierende schwer?

Anika Hartmann: Es gibt Fachbereiche, die sich traditionell so verstehen, dass Wissen vermittelt wird. Bei denen hat Interaktion oder Kommunikation als Kriterium nicht einen solch hohen Stellenwert. Oder "Gestaltung des Lernweges" als didaktischer Aspekt ist zum Beispiel für manchen Professor echtes Neuland.

Die TU hat sich das Ziel gesetzt, 20 Prozent aller Veranstaltungen mit dem E-Label zu versehen. Wie gehen denn Ihre Lehrkräfte mit dieser Herausforderung um?

Anika Hartmann: Derzeit stehen wir bei zehn Prozent. Die Landschaft ist gemischt und das Thema scheint sehr personenabhängig. Es gibt Fachbereiche, die halten sich bedeckt. Andere sind sehr engagiert: Bei den Rechts- und Wirtschaftswissenschaften, aber auch am Institut für Pädagogik gilt das E-Label als äußerst wertige Kennzeichnung, um die man sich aktiv bemüht. Grundsätzlich freuen wir uns über jeden Dozierenden, der auf eLearning setzt. Denn das sind echte Multiplikatoren.

Sind die Studierenden als neue technikaffine Generation denn ebenfalls begeistert?

Anika Hartmann: Es hat sich vor allem durch die Bologna-Reform viel verändert. Heute ist Studium harte Arbeit. Es ist zeitlich komprimiert und dazu inhaltlich ausgeweitet, da brauchen die Studierenden einfach bessere Lernmöglichkeiten. Oder wer anderthalb Stunden Bahn fährt, will diese Zeit sinnvoll nutzen.

Und davon erfahren Sie?

Anika Hartmann: Ja, der neueste Trend ist, dass die Studenten ihre mobilen Endgeräte zum Lernen nutzen wollen. Oder dass sie ihre Professoren regelrecht bedrängen, eLearning in die Wissensvermittlung mit einzubeziehen. Da wird Druck auch bottom-up aufgebaut. Speziell vom vergangenen Sommersemester zum Wintersemester hin haben wir, was das angeht, eine steile Kurve nach oben verzeichnet.