Globale Perspektiven

Führung mehrsprachiger Teams bei der UBS

Zürich, April 2010 - Im globalen Finanzinstitut UBS ist Multilingualität Alltag und zugleich eine bleibende Herausforderung. Um zu erreichen, dass mehrsprachige Teams optimal miteinander kooperieren, bedarf es einer besonderen Unternehmenskultur, sagt Mara Harvey, Senior Advisor für Ultra High Net Worth Kunden und Single Family Offices bei UBS Wealth Management. Die international erfahrene Bankerin, die vier Sprachen fließend beherrscht, weiß, wovon sie spricht. Mara Harvey fungierte unter anderem als Leiterin Human Resources und Education für Nord-, Ost- und Zentraleuropa. Innerhalb dieser Funktion führte sie internationale Teams von über 80 Mitarbeitern verteilt auf sieben europäische Standorte.




Frau Harvey, sie sind in einem multinationalen Unternehmen tätig. UBS beschäftigt Mitarbeiter aus 153 Nationen. Was bedeutet das für Ihren Arbeitsalltag?

Mara Harvey: Man kann wirklich sagen, dass Multilingualität bei UBS gelebt wird. Die lokale und die globale Perspektive sind in unserem Unternehmen nicht voneinander zu trennen. Unsere Corporate-Sprache ist Englisch. Top-Down Kommunikationsprozesse - d.h. vom Senior Management bis hin zu den einzelnen Geschäftsbereichen - finden auf Englisch statt. Auf Länderebene hingegen ist dies anders. Hier wird überwiegend in der jeweiligen Landessprache kommuniziert.


In Deutschland findet die Kommunikation ausschließlich auf Deutsch statt. Für manche asiatische Länder und Regionen gelten wieder andere Regeln. In Singapur oder Hongkong gibt es so viele lokale Sprachen, dass Englisch auch die Hauptkommunikationssprache bildet.


Wie werden Mitarbeiter bei UBS auf sprachliche Herausforderungen vorbereitet?

Mara Harvey: Grundsätzlich achten wir bereits im Rekrutierungsprozess darauf, dass unsere Mitarbeiter gewisse Sprachkenntnisse mitbringen, wenn es die zu besetzende Funktion erfordert. Darüber hinaus werden Mitarbeiter intern unterstützt um benötigte Sprachkenntnisse erlangen zu können, insbesondere wenn neue Aufgabengebiete übernommen werden, wo diese vorausgesetzt werden. Im Unternehmen selbst gibt es zwar keine Abteilung, die Sprachkurse anbietet, dafür arbeiten wir aber mit externen Anbietern zusammen.


Ein Kollege beispielsweise hat in die Schweiz gewechselt und war von dort aus für Zentraleuropa verantwortlich, unter anderem für Polen. Dieser Mitarbeiter hat tatsächlich beginnend von Null Polnisch gelernt. Er hat einen intensiven Sprachkurs besucht und täglich mit Kollegen geübt, deren Muttersprache Polnisch war. Sein persönlicher Einsatz war für mich beeindruckend.


Für die Kundenbeziehung war dies besonders hilfreich, da informelle Gespräche in Polnisch stattfinden konnten: einander begrüßen, kleine Unterhaltungen, Small Talk auf Events. Dies ermöglichte dem Kollegen schnell eine gemeinsame Basis aufzubauen, auch wenn der bankspezifische Austausch auf Englisch stattfand.


Bei der Frage, welche Sprache angebracht ist, sind für uns immer die Bedürfnisse der Kunden maßgebend. Falls sie der englischen Sprache nicht mächtig sind oder sich beim Sprechen einer Fremdsprache unwohl fühlen, müssen unsere Mitarbeiter ihnen sprachlich entgegenkommen.


"Die Sprache einfach halten" war eine Kernaussage auf der letzten Konferenz von Sprachen & Beruf. Wie sehen Sie das?
Darf ich mich auch einfach ausdrücken, Hauptsache, ich erreiche mein Kommunikationsziel?


Mara Harvey:
Ich stimme dem zu, denn diese Aussage deckt sich mit meinen Erfahrungen. Deutsch zum Beispiel ist meine vierte Sprache und diese beherrsche ich nicht ganz so fließend wie Französisch, Italienisch oder Englisch. Meine interne schriftliche Kommunikation erfolgt überwiegend auf Englisch.


Die wesentlichen Punkte im Gespräch einzubringen und überzeugend argumentieren, ist nach nun mehr als sieben Jahren in Deutschland gut umsetzbar. Es kann sein, dass es nicht immer perfekt ist. Meist sind Kollegen und sogar Kunden überaus tolerant und achten nicht auf kleine Grammatikfehler. Sie verstehen, worauf man hinaus will, und dies ist entscheidend.


In der schriftlichen Kommunikation hingegen, sollte auf korrekte Schreibweise wie auch auf die passende Ausdrucksweise geachtet werden und ist im externen Kontakt zwingend erforderlich. Hier ist ein toleranter Umgang nicht angebracht, da Fehler sich schnell negativ auf die Reputation des Unternehmens auswirken können.


Wie lässt sich die fremdsprachige Kommunikation untereinander verbessern?


Mara Harvey:
Meiner Meinung nach, gibt es keine pauschale Strategie die hier anwendbar ist. Vielmehr muss situationsbezogen nach individuellen Lösungen gesucht werden. Außerdem ist auch die Eigeninitiative der Mitarbeiter gefragt. Manchmal gehört etwas Selbstüberwindung dazu. An vielen unserer Standorte wird im Alltag in der lokalen Sprache gesprochen.


Es ist denkbar, dass, wenn ein Mitarbeiter in eine neue Führungsrolle befördert wird, englische Sprachkenntnisse gefordert sind. In Führungskräftemeetings oder Seminaren kann es dann schon einmal sein, dass man sich unwohl fühlt. Aber da müssen die Mitarbeiter selbst an sich arbeiten und an ihren neuen Herausforderungen wachsen.


Was können Führungskräfte tun, um Meetings erfolgreich zu gestalten, die Mitarbeiter mit unterschiedlichen Sprachen zusammenbringen?


Mara Harvey:
Ein sehr wichtiger Aspekt bei Meetings oder Workshops, bei denen Leute mit unterschiedlichen Sprachkenntnissen zusammenkommen, ist die Moderation. Der Moderator muss sicherstellen, dass alle Teilnehmer die Möglichkeit haben zu Wort kommen zu können, um ihre Ansichten und Fragen mit einbringen zu können. Denn oft regiert die Schüchternheit. Teilnehmer ziehen sich zurück oder kommentieren nicht so, wie sie das in ihrer eigenen Sprache tun würden.


Diese Hürde müssen wir überwinden, indem wir die Leute proaktiv nach ihrer Meinung fragen. Selbst wenn das auch noch schwierig ist. Man muss den nicht-muttersprachigen Kollegen einfach helfen, zu Wort zu kommen.

Dies heißt auch, die Leute zurückzuhalten, die sprachlich einen Vorteil haben, weil sie etwa englische Muttersprachler sind oder sehr gut Englisch sprechen. Denn diese beanspruchen selbstbewusster mehr Zeit, um ihre Argumente vorzutragen, so dass Nicht-Muttersprachler manchmal kaum zu Wort kommen können. In solch einer Situation ist Fingerspitzengefühl gefragt.

Ich habe zum Beispiel selbst an einem Leadership-Seminar in Englisch teilgenommen, bei dem auch ein Kollege aus Japan anwesend war. Er verfügte nur über geringe Englischkenntnisse und war extrem zurückhaltend. Er hätte nie etwas kritisiert, obwohl es gewünscht war, dass gegenseitig Feedback gegeben wird.


Hier war der Moderator gefragt: Er hat ihn gebeten, zu sagen, was er denkt. Man hat gesehen, wie schwierig es für ihn war Kritik zu äußern, wie vorsichtig er das Feedback formuliert hat. Aber ihm wurde die Möglichkeit gegeben, auch seinen Beitrag zum Seminar zu leisten. In diesem Fall wurde eine Brücke zwischen höflicher Zurückhaltung und erwünschter Feedbackkultur geschlagen - natürlich in einem Rahmen, in dem der Kollege sich wohl fühlte und seine Zurückhaltung überwinden konnte.


Auch ist es wichtig sich als Moderator die Zeit zum Nachfragen zu nehmen und die Punkte zusammenfassen. So zeigt man Respekt und zeigt allen Teilnehmern, dass man sie ernst nimmt. Und genau diese Wertschätzung ist es, die erfolgreiche Kommunikation ausmacht.