Fraunhofer IAO

Kompetenzmanagement durch Social Networks

Stuttgart, November 2009 - (von Kirsten Seegmüller) Nur knapp die Hälfte der Unternehmen hat eine klare Vorstellung von Kompetenzmanagement. Das hat das Fraunhofer-Institut Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) in einer Umfrage unter 87 Unternehmen ermittelt. 40 Prozent haben nur eine vage Vorstellung, und 15 Prozent können mit dem Begriff noch gar nichts anfangen. Hilfe kommt aus Communities und People Tagging.




"Beim Kompetenzmanagement sprechen die meisten Personaler nur von Kostensenkung", erklärt Hartmut Buck, Leiter des Marktstrategieteams Kompetenzmanagement am IAO. Das Problem liege darin, dass eine Performance-Beurteilung bereits als Kompetenzmanagement betrachtet würde. Doch das greift zu kurz: "Man muss nicht nur die heutigen, sondern auch die künftig benötigten Skills analysieren", betont Huck.


Selbst wenn Qualifikationen erfasst werden, dann nur sporadisch. "Die meisten Unternehmen machen unsystematische, unregelmäßige Assessments", kritisiert Huck. Wenn Bedarf an Weiterbildung besteht, werden die Mitarbeiter in Schulungen geschickt oder müssen am Arbeitsplatz oder in ihrer Freizeit selbstorganisiert lernen. "Nur 14 Prozent der Firmen betreiben Knowledge-Portale."


Personaler und Führungskräfte tun sich schwer damit, Qualifikationen und Kompetenzen zu benennen. "Sie sprechen eine andere Sprache als ihre Mitarbeiter", erklärt IMC-Vorstand Volker Zimmermann, "in Xing und Linked-in dagegen beschreiben die Leute sehr genau, was sie arbeiten und welche Kompetenzen sie haben. Daran sollten sich die Betriebe orientieren." Es ginge aber nicht darum, sich für einen der beiden Wege zu entscheiden, "sondern um die Integration von Wikis und Communities in interne und externe Kurse".


Bei Reflact stehen inzwischen 140 Basiskompetenzen von Beratern als Repertoire zur Verfügung, sie sind eine Kombination aus Jobprofilen und der eigenen Einschätzung. "Die Kompetenzen können jederzeit nachprofiliert werden", beschreibt Vorstand Hartmut Scholl das System, "und bei neuen Jobs werden die Kompetenzen automatisch abgefragt."


Die Qualifikationen und Spezialisierungen, die sich jemand selbst zuschreibt, werden durch People Tagging ergänzt. "Kollegen können sich gegenseitig taggen", erklärt Simone Braun, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Forschungszentrum Informatik (FZI). Das heißt: Mitarbeiter vergeben Schlagworte wie etwa "Spezialistin für Vertriebsorganisation" oder "Java-Experte". Das erleichtert die künftige Zusammenarbeit.


FZI-Abteilungsleiter für Datenbanksysteme Andreas Schmidt weiß, warum Kompetenzmanagement in vielen Unternehmen noch nicht eingesetzt wird: "Viele glauben, das sei nur etwas für große, bürokratisch organisierte Unternehmen." Außerdem gebe es seitens der Belegschaft noch Vorbehalte: "Viele fragen, ob der Chef die Tags einsehen kann und ob sie die Tags, die andere ihnen gegeben haben, löschen können."


Auch Transparenz ist wichtig - nicht nur in den betrieblichen Abläufen, sondern auch bei der Weiterbildung. "Wenn die Mitarbeiter beim Lernen sehen, wer noch alles lernt und in welcher Geschwindigkeit, dient das als Anreiz, selbst besser zu werden und schneller zu lernen", so Zimmermann.


Bei Konica Minolta beispielsweise weiß jeder, was die Kollegen bereits gelernt und erreicht haben: "Wir hängen die Zertifikate an eine Wand, so sehen alle, wer bereits das Associate, Professional, Expert oder Master Level erreicht hat", sagt eLearning-Spezialist Alexander Pakulat. Außerdem bekommen alle, die ein Zertifikat erhalten, eine Anstecknadel. "Die Leute tragen sie wirklich", beobachtet er.

Dadurch entsteht ein sportlicher Wettbewerb: "Es kommen immer mehr Mitarbeiter zu mir und sagen: Das Zertifikat will ich auch haben."


Ein positiver Nebeneffekt: "Wir müssen die Leute nicht mehr dazu animieren, die WBTs zu nutzen", so Pakulat, "die kommen von sich aus zu uns und fragen, wann endlich die neue Lektion online steht." Sie weisen die Autoren zudem auf Fehler im Content hin und machen Verbesserungsvorschläge für die Lernplattform.